Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_FV_55
DOI: 10.1055/s-0030-1261380

Untersuchung über den Zusammenhang von elterlicher Traumatisierung und Depressivität nach einer Frühgeburt und der Entwicklung von kindlichen Regulationsstörungen

L Mara 1, A Kribs 1, B Roth 1
  • 1Univ.-Kinderklinik, Köln

Hintergrund: Die Frühgeburt eines Kindes stellt für die Eltern eine große Belastung dar, die bei beiden Eltern zu Depressivität und posttraumatischen Belastungsstörungen führen kann. Diese wiederum können die Entwicklung der kindlichen Regulationsfähigkeit ungünstig beeinflussen (Tronick 2009, Pierrehumbert 2003) und zum Auftreten von Regulationsstörungen (Störungen von Schlafen, Schreien, Füttern) führen. Fragestellung: Gibt es bereits kurz nach der Entlassung des Kindes einen Zusammenhang zwischen elterlicher Traumatisierung und elterlicher Depressivität einerseits und dem Auftreten kindlicher Regulationsstörungen? Methoden: Es wurden 30Mütter und 21 Väter, deren Kinder mit einem Gestationsalter ≤32 Wochen und einem Gewicht ≤1500g geboren wurden unmittelbar nach Entlassung der Kinder und nach 6 Monaten mithilfe eines strukturierten Interviews, der Allgemeinen Depressionsskala in Langform (ADS-L) (Hauntziger&Bailer, 1993) und der Impact of Event Scale (IES) (Horowitz 1979) untersucht. Die ADS-L ist ein Selbstbeurteilungsinstrument mit 20 Fragen zum Vorhandensein depressiver Affekte, körperlicher Beschwerden, motorischer Hemmungen und negativer Denkmuster. Die IES erfragt anhand von 15 Items zu allen drei Hauptsymptomen einer Posttraumatischen Belastungsstörung (Wiedererleben des Traumas, Vermeiden bestimmter Situationen und erhöhtes Erregungsniveau) die Stressreaktion nach einem traumatischen Ereignis. Bzgl der Regulationsstörungen wurde das Schrei-, Schlaf- und Fütterverhalten der Kinder mithilfe der Wesselkriterien für exzessives Schreien und durch genaues Abfragen einzelner Verhaltensweisen in den Elterninterviews exploriert. Die Untersuchungen zum zweiten Zeitpunkt sind z.Zt. noch nicht abgeschlossen. Ergebnisse: Bei der 1. Befragung wurden mit der ADSL bei 30% der Mütter und bei 29% der Väter eine Depressivität sowie mit der IES bei 67% der Frauen und bei 43% der Männer Symptome einer posttraumatischen Belastung nachgewiesen. Bei insgesamt 22 von 38 teilnehmenden Kindern beschrieben die Eltern ein auffälliges Regulationsverhalten. Kategorisiert man die Eltern in psychisch unbelastet oder belastet, so beschreiben 83% der belasteten Väter und 60% der Mütter Auffälligkeiten in der Regulationsfähigkeit ihrer Kinder. Im Vergleich dazu haben die nicht depressiven und nicht traumatisierten Eltern bei ihren Kindern dies zu 20% weniger beobachtet.

Schussfolgerung: In unserem Kollektiv besteht bereits kurz nach der Entlassung des Kindes ein Zusammenhang zwischen elterlicher Traumatisierung bzw. Depressivität und von den Eltern berichteten kindlichen Regulationsstörungen. Das sehr frühe Auftreten dieses Zusammenhangs lässt eine größere Bedeutung der elterlichen Wahrnehmung als des tatsächlichen Ausmaßes der Regulationsstörungen vermuten. Damit ergibt sich ein Ansatz für eine Eltern- zentrierte Intervention.