Klin Padiatr 2010; 222 - HV_57
DOI: 10.1055/s-0030-1261371

Pro CPAP

B Roth 1, A Kribs 1
  • 1Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin, Universitäts-Kinderklinik Köln, Köln

Zahlreiche Observationsstudien zeigen, dass durch die konsequente Anwendung von nasalem CPAP bei der Primärversorgung im Kreissaal sowie im frühen Verlauf des Atemnotsyndroms die Notwendigkeit von maschineller Beatmung reduziert werden kann. Da die maschinelle Beatmung als Hauptrisikofaktor für das Entstehen der BPD gilt, könnte nCPAP auf diese Weise eine Senkung der BPD- Rate bedingen. Mit der COIN- Studie, einer in mehreren Ländern durchgeführten Multizenterstudie, liegen erstmals Daten aus einer prospektiv randomisierten Studie hinsichtlich der Wertigkeit von nCPAP als primärere Atemunterstützung im Vergleich zur Intubation und Beatmung vor (1). In dieser Studie zeigten die 307 Patienten in der nCPAP- Gruppe im Vergleich zu den 303 Kindern der Intubationsgruppe mit 28 Tagen ein deutlich niedrigeres Risiko für Tod oder Sauerstoffbedarf, was überwiegend durch den Unterschied im Sauerstoffbedarf und weniger durch die Mortalität bedingt war. Mit 36 Wochen war der Unterschied nicht mehr signifikant. Insgesamt benötigten die Kinder in der nCPAP- Gruppe weniger Beatmung und respiratorische Unterstützung, zeigten jedoch eine höhere Pneumothoraxinzidenz als die Patienten der Intubationsgruppe ohne Unterschiede in sonstigen nicht pulmonalen Outcomekriterien. In einer Subgruppenanalyse zeigte sich für die Kinder mit einem Schwangerschaftsalter von 27 und 28 Wochen ein wegen mangelnder Power statistisch allerdings nicht signifikanter Trend zu einer Überlegenheit des nCPAP- Arms im Hinblick auf das primäre Outcomekriterium Tod oder BPD mit 36 Wochen mit einer Odds Ratio von 0,72, während sich bei der Gruppe der Kinder mit 25 und 26 Wochen kein Unterschied ergab. Dieser Unterschied zwischen den Gestationsaltergruppen könnte u.U. dadurch bedingt sein, dass die Anwendung des nCPAP in dieser Studie mit dem Vorenthalten einer prophylaktischen od. frühen Surfactanttherapie einherging. Demgegenüber vergleicht eine in Frankreich durchgeführte Studie (REVE, REduction of Ventilation) bei Kindern mit einem Gestationsalter von 25 bis 27 Wochen die Kombination einer frühen endotrachealen Surfactantgabe über einen Endotrachealtubus und einer anschließenden nasalen CPAP- Therapie mit einer Intubation, Surfactantgabe und maschineller Beatmung (2). Primäres Outcomekriterium ist die Dauer der Beatmung. In dieser Studie zeigt sich insbesondere für die Kinder mit 25 und 26 Wochen eine Überlegenheit des nCPAP- Arms. Die in Deutschland durchgeführte AMV- Studie (avoid mechanical ventilation), bei der die Anwendung einer nicht invasiven Surfactantapplikation unter nCPAP- unterstützter Spontanatmung mit konventioneller Therapie verglichen wird, liefert ähnliche Ergebnisse (persönliche Mitteilung, Prof. Göpel, Lübeck). Insgesamt zeigen alle diese neuen prospektiv randomisierten Studien die Überlegenheit einer nCPAP- Therapie hinsichtlich der Verkürzung des respiratorischen Behandlungsbedarfs sowie einen Trend zu einer Überlegenheit hinsichtlich der Vermeidung der BPD. Dabei scheint für Patienten mit einem Schwangerschaftsalter von 26 Wochen und weniger allerdings die Kombination mit früher Surfactantgabe notwendig. Da die Reduktion von Beatmungstagen nach alten Beobachtungsstudien mit einer Verbesserung des neurologischen Langzeitoutcomes (3,4) und einer Reduktion von schmerzhaften Interventionen (5) einhergeht, könnte der generelle Wechsel auf ein Therapieregime mit nCPAP als primärer respiratorischer Unterstützung nicht nur unter ökonomischen Gesichtspunkten sondern auch mit Blick auf die Prognose und die Leidensminderung des einzelnen Kindes sehr sinnvoll sein. Langzeituntersuchungen der in die prospektiven Studien eingeschlossenen Kinder sind jedoch zur Stützung dieser Hypothese notwendig.

Literatur:

[1] Morley CJ et al., N Eng J Med 2008; 358:700–8

[2] Truffert P et al., in: Progrès en Neonatologie. 28eme Journees Nationales de Neonatologie. Societé Francaise de Neonatologie Ed, Paris 2008; 377–383

[3] Wintermark P et al., Eur J Pediatr. 2007 May;166(5): 473–83

[4] Neubauer AP, et al., Eur J Pediatr. 2008 Jan;167(1):87–95

[5] Axelin A et al., Acta Paediatr. 2009 Nov;98(11):1751–5