Klin Padiatr 2010; 222 - HV_53
DOI: 10.1055/s-0030-1261361

NEC Präventionsstudien

J Meng-Hentschel 1
  • 1Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie, Homburg/Saar

Einleitung: Die Nekrotisierende Enterokolitis (NEK)/necrotizing enterocolitis (NEC) ist ein gefürchteter gastointestinaler Notfall bei Frühgeborenen, überwiegend bei solchem mit VLBW (geringem Geburtsgewicht, <1500g), der in Stadien abläuft und Pneumatosis (Gasbläschen in der Darmwand), Darmschädigung, Peritonitis, Sepsis, Kurzdarm, Entwicklungsdefizite oder Tod zu Folge haben kann. Nahrungskarenz, antibiotische Therapie, abdominelle Drainage, Operation, Intensivtherapie sind neonatologische Rescue-Behandlungsformen. Die NEK kann auf eine Darm-Dysbiose hospitalisierter Frühgeborener zurückgeführt werden, deshalb liegt eine frühpostnatale präventive Strategie mit alterstypischer probiotischer Normalflora nahe, spezifisch mit Bifidobakterien und Laktobazillen. Nach der WHO sind Probiotika: „Live microorganisms which when administered in adequate amounts confer a health benefit to the host“ oder „ live microbial feed supplements, which beneficially affect the host (animal) by improving its intestinal microbial balance“ (5). Methodik: Literaturevaluation aus PubMed und anderen online-Datenbanken (z.B. Cochrane). Ergebnis: Die Cochrane-Analyse (1) findet 9 Studien, die Lancet-Metaanalyse (4) 12 Studien mit je über 1000 eingeschlossenen Neonaten. Jedoch sind sowohl die Patientengruppen als auch die verwendeten Probiotika, als auch Dosis und postnataler Supplementationsbeginn in den Studien heterogen. In PubMed zugängliche kontrollierte randomisierte Interventionsstudien bei Frühgeborenen sind derzeit drei (2,3, 6). Die nach EBM-Kriterien überzeugendste ist diejenige durch Lin et al. (5), da in ihr die besonders gefährdete Gruppe der VLBW Frühgeborenen prospektiv, randomisiert und doppelblind frühpostnatal supplementiert wurde. Sowohl Muttermilch als auch Formula wurde mit einem standardisierten Probiotikum, bestehend aus Bifidobacterium infantis und Lactobacillus acidophilus in hoher Dosis, oder Placebo, versetzt. Als outcome erkrankten signifikant weniger probiotisch supplementierte Frühgeborene an NEK, Sepsis oder starben. Schlussfolgerung: Wie auch in der Cochrane-Analyse und in der diesbezüglichen RKI-Richtlinie (7) gefolgert, spricht in Neonatologien mit hoher NEK-Prävalenz die Evidenz FÜR diesen spezifischen probiotischen Präventionsansatz. Ob mit anderen Präparaten, Bakterien-Zusammensetzungen oder Dosen, oder in anderen Patientengruppen und NEK-Hintergrundprävalenz eine Probiose ähnlich wirksam sein kann wie in der dargestellten Modellstudie, ist nicht belegt.

[1] Al Faleh KM, Bassler D. Probiotics for prevention of necrotizing enterocolitis in preterm infants. Cochrane Database of Systematic Reviews 2008

[2] Bin-Nun A, Bromiker R, Wilschanski M, Kaplan M, Rudensky B, Caplan M, Hammerman C Oral probiotics prevent necrotizing enterocolitis in very low birth weight neonates. J Pediatr. 2005 147(2):192–6.

[3] Dani C, Biadaioli R, Bertini G, Martelli E, Rubaltelli FF. Probiotics feeding in prevention of urinary tract infection, bacterial sepsis and necrotizing enterocolitis in preterm infants. A prospective double-blind study. Biol Neonate. 2002 82(2):103–8.

[4] Deshpande G, Rao S, Patole S. Probiotics for prevention of necrotising enterocolitis in preterm neonates with very low birthweight: a systematic review of randomised controlled trials. Lancet. 2007 369(9573):1614–20.

[5] Fuller R. Probiotics in man and animals. J Appl Bacteriol 1989, 66:365

[6] Lin HC, Su BH, Chen AC, Lin TW, Tsai CH, Yeh TF, Oh W. Oral probiotics reduce the incidence and severity of necrotizing enterocolitis in very low birth weight infants. Pediatrics. 2005 115(1):1–4

[7] Simon A. et al: Prävention nosokomialer Infektionen bei neonatologischen Intensivpflegepatienten mit einem Geburtsgewicht unter 1500g. Monografie der AG Neonatologie, RKI Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention, 2007