Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_FV_39
DOI: 10.1055/s-0030-1261354

Effekt einer zusätzlich geplanten Flüssigkeitssubstitution bei Frühgeborenen ≤32 SSW mit fototherapiepflichtiger Hyperbilirubinämie

S Junge 1, P Hartmann 1, JF Beck 1, A Hübler 1
  • 1Friedrich Schiller Universität Klinik f. Kinder-u. Jugendmed., Jena

Fragestellung: Experimentelle Arbeiten belegen, dass die Anwendung der Fototherapie bei kritisch kranken Frühgeborenen mit Flüssigkeitsverlusten und deren Folgeproblemen verbunden sein kann. Ziel der Arbeit war es, unter Fototherapie eine geplante Flüssigkeitssubstition mit einer am kurzfristigen Bedarf orientierten Gabe zu vergleichen. Patienten und Methoden: 60 Frühgeborene ≤32 SSW mit fototherapiepflichtiger Hyperbilirubinämie wurden mit einem am kurzfristigen Bedarf orientierten Flüssigkeitsregime behandelt (Kontrollgruppe; n=30; GA 29±2 SSW; GG 1198±382g) oder erhielten während der laufenden Fototherapie eine zusätzliche Substitution von 20% der Gesamtbilanz für den laufenden Tag in Form von NaCl 0,9% (Studiengruppe; n=30; GA 29±3 SSW; GG 1102±382g). Am ersten Tag der Fototherapie wurden vor und während eines Behandlungszyklus vegetative Parameter und der Berner Schmerzskore gemessen, ergänzt durch Daten zur Intensivtherapie und zu neonatologischen Erkrankungen. Ergebnisse: Je zwei Patienten verstarben in jeder Gruppe. Bei 70% der Kinder wurde die Hyperbilirubinämie in den ersten 72h behandlungspflichtig. Der maximale Bilirubinwert war in der Studiengruppe niedriger als in der Kontrollgruppe (135±42 vs. 154±46µmol/l; p=0,04) und trat später auf (6,0±3,2 vs. 4,4±2,4 Tage; p<0,05). Unter Fototherapie veränderten sich in der Kontrollgruppe sieben Kreislaufparameter teilweise hochsignifikant (Herzfrequenz, Atemfrequenz, Blutdruck, pO2, pCO2, capillary refill, Körpertemperatur), in der Studiengruppe zwei (Körpertemperatur, Atemfrequenz). Beim Berner Schmerzscore für Neugeborene (BNS) wurden in der Kontrollgruppe eine stärkere Zunahme der Einzelparameter und des Gesamtwertes gemessen als in der Studiengruppe. In der Kontrollgruppe entwickelten signifikant mehr Kinder nach Beginn der Fototherapie eine IVH (Mann-Whitney U: p=0,012). Schlussfolgerungen: Bei einer Gruppe von Frühgeborenen unter ≤32 SSW mit fototherapiepflichtiger Hyperbilirubinämie führte die geplante Flüssigkeitssubstitution von 20% des aktuellen Gesamtbedarfes zur Verbesserung der vegetativen Stabilität und zur Vermeidung von Schmerz- und Stressreaktionen im Vergleich zu einer am kurzfristigen Bedarf orientierten Gabe. Interessanterweise traten in der Studiengruppe signifikant weniger Hirnblutungen unter Fototherapie auf als in der gleich großen Kontrollgruppe. Letztgenanntes Ergebnis bedarf der Überprüfung an einem größeren Gesamtkollektiv.