Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_FV_37
DOI: 10.1055/s-0030-1261352

Einfluss der antenatalen Steroidprophylaxe (ASP) auf die zelluläre Entzündungsreaktion im Trachealaspirat bei Frühgeborenen <29 vollendeten Schwangerschaftswochen

J Buchner 1, NK Hofmann 1, A Schulze 1, H Ehrhardt 1
  • 1Neonatologie der Kinderklinik am Perinatalzentrum Großhadern, LMU München, München

Hintergrund: Die chronische Lungenerkrankung (CLD) des Frühgeborenen ist Folge einer komplexen Interaktion vieler verschiedener Einzelfaktoren. Der Schweregrad der CLD wird entscheidend beeinflusst von Dauer und Intensität der mechanischen Beatmung. Die Einführung der antenatalen Steroidprophylaxe (ASP) hat die Schwere und das histologische Erscheinungsbild der CLD wesentlich verändert. Fragestellung: Welchen Einfluss hat die ASP auf den Zeitpunkt des Auftretens der zellulären Entzündungsreaktion und die Intensität der Inflammation im Trachealaspirat unter mechanischer Beatmung bei Frühgeborenen <29 vollendeten Schwangerschaftswochen? Material und Methoden: Aus der Kohorte der Frühgeborenen der PROTECT-Studie wurden n=30 Frühgeborenen ausgewählt, die über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen invasiv beatmet wurden. Diese Kinder wurden in Abhängigkeit von der antenatalen Steroidgabe in zwei Gruppen eingeteilt (I. ASP <24h, n=17; II. abgeschlossene ASP, n=13). Die zwei Gruppen unterschieden sich nicht im mittleren Gestationsalter (25+3 vs. 24+6 SSW), Surfactantgabe (100% vs. 100%) oder Anteil der Kinder mit Amnioninfektionssyndrom (29% vs. 23%). Im longitudinalen Verlauf wurde die Zellzahl standardisiert auf sekretorisches IgA (sIgA) aus dem Trachealaspirat ermittelt und bei Präsenz von Zellen im Trachealaspirat in der Multicolordurchflusszytometrie der Anteil von Granulozyten (CD15 positiv) und Makrophagen (CD14 positiv) sowie deren Aktivierungszustand über CD11b, CD16, CD64 und HLA-DR bestimmt. Der Schweregrad der CLD wurde mit 36 vollendeten Schwangerschaftswochen mithilfe der Klassifikation von Jobe und Bancalari (0=keine BPD; 1=milde; 2=moderate; 3=schwere CLD) ermittelt. Ergebnisse und Diskussion: Bei Frühgeborenen ohne abgeschlossene ASP tritt die zelluläre Entzündungsreaktion durch die mechanische Beatmung signifikant früher auf, als in der Kohorte der komplettierten ASP (7 vs. 10 Tage). Im Gegensatz dazu besteht zwischen den untersuchten Gruppen kein Unterschied in Hinblick auf den relativen Anteil der Fraktionen CD14 bzw. CD15 positiver Zellen und auch das Entzündungsmuster unterscheidet sich weder für CD11b und CD16 als Marker der globalen Inflammation noch bezüglich CD64 und HLA-DR als Marker der Makrophagenaktivierung. In der Kohorte der Kinder ohne ASP ist der Schweregrad der CLD signifikant höher (Mittelwert 2,44) als in der Gruppe mit abgeschlossener ASP (Mittelwert 1,54). Schlussfolgerung: In der hier untersuchten Kohorte Frühgeborener trat die pulmonale zelluläre Entzündungsreaktion unter Beatmung bei Kindern ohne komplettierte antenatale Steroidprophylaxe früher auf. Spekulation: Unsere Daten legen nahe, dass die antenatale Steroidprophylaxe bei Frühgeborenen <29 vollendeten Schwangerschaftswochen über ihre immunsuppressive Wirkung den Zeitpunkt des Auftretens der zellulären Entzündungsreaktion im Trachealaspirat verzögert und dadurch den Schweregrad der CLD bei diesen Kindern reduziert.