Klin Padiatr 2010; 222 - HV_41
DOI: 10.1055/s-0030-1261342

KISS: Nosokomiale Infektionen in der Pädiatrischen Intensivmedizin

C Geffers 1, F Schwab 1, P Gastmeier 1
  • 1Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Charité-Universitätsmedizin Berlin, Berlin

Hintergrund: Pädiatrische Intensivstationen (ITS) sind in Bezug auf infektionsrelevante Daten nur schlecht mit Nicht-pädiatrischen Intensivstationen vergleichbar und benötigen daher für eine sinnvolle Surveillance, wie in §23 des Infektionsschutzgesetzes gefordert, eigene Referenzwerte zum Vergleich. Methode: In Deutschland besteht für pädiatrische ITS die Möglichkeit am ITS-KISS, dem Surveillance System für nosokomiale Infektionen auf Intensivstationen des nationalen Referenzzentrums für Surveillance von nosokomialen Infektionen, teilzunehmen. Ergebnisse: Seit 1998 haben sich 17pädiatrische Intensivstationen mit 33.739 Patienten und 204.869 Patiententagen am ITS-KISS beteiligt. Insgesamt wurden 659 nosokomiale Indikatorinfektionen (312 primäre Sepsisfälle, 216 Atemweginfektionen, 132 Harnweginfektionen) beobachtet. Die primäre Sepsis ist auf pädiatrischen ITS mit einem Anteil von 47% an den nosokomialen Indikatorinfektionen die häufigste Infektion. Das Alter der nosokomial infizierten Kinder beträgt im Median 1 Jahr und die Infektionen entwickeln sich durchschnittlich am Tag 18 des Intensivstationsaufenthaltes (Median). 81% der Infektionen waren zeitlich zu einem Device (ZVK, Beatmung, Harnwegkatheter) assoziiert. Folgende Device-assoziierte Infektionsraten wurden auf pädiatrischen ITS für die angegebenen Zeiträume ermittelt: ZVK-ass. Sepsisrate 1998 bis 2007=3,16, 2008=1,91; Beatmungs-ass. Atemweginfektionsrate 1998–2004=2,62, 2005–2008=2,32; HWK-ass. Harnweginfektionsrate 1998–2008=1,72. Die Geschlechterverteilung zeigt signifikante infektionsspezifische Unterschiede (Anteil männlicher Patienten bei der primären Sepsis 55%, Atemweginfektionen 66%, Harnweginfektionen 44%). Die Letalität der nosokomialen Infektionen liegt zwischen 3,0% (Harnweginfektion) und 7,9% (Atemweginfektionen). Die beiden jeweils häufigsten Infektionserreger sind für die primäre Sepsis Koagulase negative Staphylokokken und S. aureus, für Atemweginfektionen P. aeruginosa und Klebsiellen spp. und für die Harnweginfektionen E. coli und P. aeruginosa. Multiresistente Erreger haben einen Anteil von knapp 5% an den Erregern von nosokomialen Infektionen auf pädiatrischen Intensivstationen. Schlussfolgerung: Das ITS-KISS stellt Referenzdaten für nosokomiale Infektionen auf pädiatrischen Intensivstationen zur Verfügung und liefert dadurch die Möglichkeit auch für diese spezielle Population das Niveau der eigenen Infektionshäufigkeiten zu beurteilen um daraus Rückschlüsse ableiten zu können. Pädiatrische Patienten unterscheiden sich in vielfacher Hinsicht von anderen Intensivpatienten. So sind pädiatrische Intensivpatienten insbesondere durch die nosokomiale Sepsis bedroht. Die Geschlechterverteilung zeigt bzgl. der Infektionsarten deutliche Unterschiede. Die auf Erwachsenen-Intensivstationen häufiger gefundenen multiresistenten Erreger spielen auf pädiatrischen ITS bei nosokomialen Infektionen eine vergleichbar geringere Rolle.