Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_FV_18
DOI: 10.1055/s-0030-1261318

Die Rekrutierung von Thrombozyten im postnatalen Ductus arteriosus fördert einen adäquaten spontanen Verschluss

K Echtler 1, K Stark 1, M Lorenz 1, M Schwaiger 2, O Genzel-Boroviczény 3, C Schreiber 4, J Mehilli 5, A Kastrati 5, S Massberg 5
  • 1experimentelle Kardiologie, Deutsches Herzzentrum München, München
  • 2Nuklearmedizinische Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar der TU München, München
  • 3Abt. Neonatologie, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Klinikum der Universität München, München
  • 4Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie, Deutsches Herzzentrum München, München
  • 5Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen, Deutsches Herzzentrum München, München

Hintergrund: Während des postnatalen Verschlusses des Ductus arteriosus (DA) sind regelmäßig ein dysfunktionaler Phänotyp und morphologische Schäden am Endothel zu beobachten. Dabei treten die Endothelschäden bereits während des noch unvollständigen Verschlusses des DA bei bestehender Perfusion des Restlumens auf. Fragestellung: In in-vivo Analysen gingen wir daher der Frage nach, ob sich Thrombozyten (Tz) während des DA-Verschlusses in Regionen endothelialer Defekte anlagerten. Wir untersuchten, inwiefern rekrutierte Tz den Verschluss des DA funktionell beeinflussten. Zudem analysierten wir in einer retrospektiven klinischen Studie in einer Kohorte frühgeborener Kinder, ob Thrombozytopenie ein Risikofaktor für die Persistenz einen patenten DA ist.

Methoden: Immunhistologische Analysen des DA neonater C57Bl6/J-Wildtypmäuse (12h alt) und humaner Ductus, die im Rahmen herzchirurgischer Eingriffe 4–20 Tage nach Geburt entnommen wurden, prüften das Vorliegen des Tz-Antigens CD41. Zur Visualisierung der Tz-Dynamik im DA etablierten wir eine konfokale in-vivo Mikroskopie (IVM) an anästhesierten neugeborenen (<1h alten) Wildtyp-Mäusen. Nach medianer Thorakotomie und Darstellung des DA wurden den Mäusen isolierte, fluoreszenz-markierte Tz linksventrikulär injiziert und die Tz-Dynamik im DA und Aortenbogen verfolgt. Um zu testen, inwiefern die Rekrutierung von Tz den DA-Verschluss funktionell beeinflusst, wurden angiographische Analysen des DA in 12h alten GPIIb-/--Mäusen (weisen einen Tz-Adhäsionsdefekt auf), in NF-E2-/--Mäusen (besitzen keine zirkulierenden Tz) und anti-GPVI-behandelter Mäuse sowie in Wildtyp- bzw. Isotyp-IgG-behandelter Kontrollen durchgeführt. Im Rahmen einer retrospektiven Studie prüften wir die Prävalenz des PDA in thrombozytopenen und nicht-thrombozytopenen Frühgeborenen, die in der 24.-30. Schwangerschaftswoche geboren und im Perinatalzentrum der LMU München aufgenommen wurden. Mit multivariater Analyse wurde getestet, ob Thrombozytopenie einen unabhängigen Risikofaktor für die Ausprägung eines PDA darstellt. Ergebnisse: Bereits 1h nach Geburt wiesen histologische Schnitte muriner DAs Tz-Aggregate auf. Auch in kontrahierten Ductus neugeborener Kinder ließen sich regelmäßig luminal rekrutierte Tz darstellen. Dagegen lagerten sich Tz nicht in weit offenen humanen DAs an. IVM des DA neugeborener Mäuse zeigte, dass sich Tz im unvollständig verschlossenen DA anlagerten. Die adhärenten Tz rekrutierten dabei weitere zirkulierende Tz und bildeten intraluminale Thromben, die das Restlumen der kontrahierten DAs zunehmend einengten. Dies konnte lokal begrenzt im DA beobachtet werden; im Aortenbogen zeigte sich dagegen keine Tz-Adhäsion. Angiografien aller 12h alter Wildtyp -und IgG-Isotyp-behandelter Mäuse wiesen einen kompletten DA-Verschluss auf. Dagegen fiel bei 54% der 12h alten anti-GPVI-behandelten Mäuse, bei 31% der GPIIb-/-- und 70% der NF-E2-/--Mäuse ein PDA auf.

Zusammenfassung: Im Rahmen des postnatalen Verschlusses lagern sich Tz im DA an. Sie bilden intraluminale Thromben, die das Restlumen des DA okkludieren. Die Rekrutierung von Tz scheint dabei für den adäquaten DA-Verschluss von relevanter funktioneller Bedeutung zu sein. Entsprechend konnte auch eine durchgeführte klinische Studie Thrombozytopenie als unabhängigen Risikofaktor für die Entwicklung eines PDA bei frühgeborenen Kindern identifizieren.