Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_FV_15
DOI: 10.1055/s-0030-1261315

Vermeidung maschineller Beatmung durch eine neue Methode der Surfactantapplikation

W Göpel 1, A Kribs 2, R Laux 3, T Höhn 4, C Wieg 5, E Kattner 6, S Avenarius 7, A von der Wense 8, M Vochem 9, P Groneck 10, U Weller 11, J Möller 12, B Roth 2, E Herting 1
  • 1Kinderklinik, Universitätsklinikum Schleswig Holstein, Lübeck
  • 2Univ.-Kinderklinik, Köln
  • 3Neonatologie, Asklepios Klinik Barmbek, Hamburg
  • 4Med. Einricht. d. Universität Kinderklinik, Düsseldorf
  • 5Kinderklinik, Klinikum Aschaffenburg, Aschaffenburg
  • 6Kinderkrankenhaus auf der Bult, Hannover
  • 7Universitäts-Kinderklinik Magdeburg, Magdeburg
  • 8Altonaer Kinderkrankenhaus, Hamburg
  • 9Olgahospital Päd. Zentrum, Stuttgart
  • 10Kinderklinik, Klinikum Leverkusen gGmbH, Leverkusen
  • 11Kinderklinik, Krankenanstalten Gilead, Bielefeld (Bethel)
  • 12Kinderklinik, Kliniken d. Stadt Saarbrücken, Saarbrücken

Hintergrund: Retrospektive Analysen legen nahe, dass die Verabreichung von Surfactant an spontan atmende Frühgeborene mit Atemnotsyndrom zu einer Reduktion der Beatmungsrate führt. Da die Surfactantapplikation ohne Intubation in den letzten Jahren in Deutschland zunehmend eingesetzt wurde, untersuchten wir die Effektivität und Sicherheit dieser Therapieform im Rahmen einer multizentrischen, prospektiven, randomisierten Arzneimittelstudie. Fragestellung: Lässt sich durch die Gabe von Surfactant an spontan atmende Frühgeborene die Beatmungsrate reduzieren? Material und Methode: Einschlusskriterien: Geburtsgewicht <1500 Gramm, Gestationsalter 26+0–28+6 Schwangerschaftswochen, Lebensalter <12h, keine letalen Fehlbildungen. Spontan atmenden Frühgeborenen der Interventionsgruppe konnte bei einem Sauerstoffbedarf >30% und klinischen Zeichen eines Atemnotsyndroms Surfactant über eine dünne intratracheal platzierte Sonde verabreicht werden. Kinder der Kontrollgruppe wurden gemäß zentrumsspezischer Standards therapiert. Der primäre Endpunkt war definiert als tracheale mechanische Beatmung am Lebenstag 2 oder 3. Ergebnisse: 220 Frühgeborene wurden randomisiert (108 in die Interventions- und 112 in die Kontrollgruppe). 59% der Kinder in der Interventionsgruppe wurde Surfactant ohne Intubation verabreicht. In der Kontrollgruppe waren am 2. oder 3. Lebenstag 51 von 112 Kindern beatmet (45,5%), in der Interventionsgruppe 30 von 108 Kindern (27,8%, p=0,008 Fisher's exact test). Auch der Anteil der während des gesamten stationären Aufenthaltes beatmeten Kinder war in der Interventionsgruppe signifikant niedriger (Intervention 33% beatmet, Kontrollgruppe: 73% beatmet, p=0,0000000038 Fisher's exact test). Die Beatmungsdauer in der Kontrollgruppe lag im Median bei 2 Tagen (Interquartile range 0–5,5 Tage), in der Interventionsgruppe bei 0 Tagen (IQR 0–3 Tage, p<0,001 Mann-Whitney-U-Test). Die Dauer der Behandlung mit zusätzlichem Sauerstoff unterschied sich nicht signifikant, lag allerdings in der Kontrollgruppe mit im Median 19 Tagen (IQR 2–42 Tage) höher als in der Interventionsgruppe (Median 5 Tage, IQR 2–32 Tage, p=0,06 Mann-Whitney-U-Test). Es ergaben sich keine Unterschiede bezüglich der Rate an Pneumothoraces (Kontrollgruppe 7,1% vs. Interventionsgruppe 3,7%, p=0,375) oder dem Anteil der Kinder mit „serious adverse events“ (Kontrollgruppe 25% vs. Interventionsgruppe 19,4%, p=0,33). Diskussion: Die Gabe von Surfactant an spontan atmende Frühgeborene mit Atemnotsyndrom und einem Gestationsalter zwischen 26+0 und 28+6 Schwangerschaftswochen reduziert die Beatmungsrate und die Beatmungsdauer.