Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_FV_7
DOI: 10.1055/s-0030-1261296

Die nicht-invasive Beatmung bei akutem respiratorischem Versagen vermeidet in 75% aller beatmeten Kinder eine Intubation

T Hoppen 1, S Gehring 2, B Schmitt 2, R König 2, M Knuf 3, RG Huth 2, F Zepp 2, T Nüßlein 1
  • 1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Gemeinschaftsklinikum Koblenz-Mayen Kemperhof, Koblenz
  • 2Kinderklinik, Klinikum der Johannes-Gutenberg Universität, Mainz
  • 3Kinderklinik, Dr.-Horst-Schmidt-Kliniken, Wiesbaden

Fragestellung: Wie effektiv ist die Nicht-Invasive Beatmung (NIV) bei akutem respiratorischem Versagen? Design: Retrospektive Beobachtungs-/Kohortenstudie. Setting: Kinderintensivstationen der Universitätskinderklinik Mainz und des Gemeinschaftsklinikums Koblenz-Mayen, Kemperhof Koblenz. Patienten: 36 Patienten unter NIV über einen Beobachtungszeitraum von jeweils sechs Monaten in beiden Zentren (01–03/2008 und 10–12/2008 Mainz, 04–09/2008 Koblenz). Die Patienten wurden in drei Gruppen unterteilt: I. Neuropädiatrie/Stoffwechselerkrankungen: Hyperekplexie, Joubert-Syndrom, multipler Acyl-CoA-Dehydrogenase-Mangel, Sturge-Weber-Syndrom, Muskeldystrophie Duchenne, Morbus Pompe, Mukopolysaccharidose Typ I, II und VI, spinale Muskelatrophie Typ 2. II. Pneumonie/Asthma bronchiale: RSV-Bronchiolitis, Influenza A, Status asthmaticus, Pleuraempyem, respiratorische Globalinsuffizienz bei cystischer Fibrose.

III. Sepsis bei Immundefizienz bzw. -suppression: Akutes Nierenversagen bei akuter lymphatischer Leukämie, steroidresistentes nephrotisches Syndrom unter Zytostatikatherapie, Multiorganversagen bei septischer Granulomatose, Meningokokkensepsis bei Komplementdefekt. Methode: Als Einschlusskriterium wurde eine NIV von mindestens einer Stunde bei fehlenden Kontrainikationen zugrunde gelegt, wie z.B. fehlende Spontanatmung, fixierte Verlegung der Atemwege oder gastrointestinale Blutung. Aus der Krankenakte erfasst wurden Diagnose, Alter, NIV-Dauer, pCO2, FiO2, Pulsoxymetrie, Atemfrequenz, in- und exspiratorisches Druckniveau, Leckage sowie Atemzug- und Atemminutenvolumen. Definierte Erfolgskriterien der NIV waren Abnahme der Dyspnoe, Reduktion der Atemfrequenz, Normalisierung der Herzfrequenz, Anstieg des pH, Optimierung des pCO2, anhaltende SaO2-Stabilisierung über 84%, Verbesserung der Vigilanz/Kooperation, Vermeidung der Intubation und invasive Beatmung. Ergebnisse: Insgesamt erwies sich die NIV bei 27 von 36 Patienten als effektiv (75%). Bei 16 von 23 Patienten mit neurologischer Erkrankung (70%), bei 8 von 8 Patienten mit pulmonaler Erkrankung (100%) und bei 3 von 5 Patienten mit Sepsis bei Immunsuppression (60%) war die alleinige NIV ohne Intubation und invasive Beatmung erfolgreich. In 5 Fällen wurde eine Tracheotomie erforderlich (14%). 2 Patienten verstarben (6%).

Fazit: Die NIV konnte in der vorgestellten Kohorte mit akutem respiratorischem Versagen in 75% eine invasive Beatmung verhindern. Patienten mit primär pulmonaler Erkrankung schienen besonders zu profitieren.