Klin Padiatr 2010; 222 - HV_8
DOI: 10.1055/s-0030-1261293

Epidemiologie des ARDS im Kindesalter

L Bindl 1
  • 1Réanimation Pédiatrique, Centre Hospitalier, Luxemburg, Luxemburg

Hintergrund: Epidemiologische Daten zum ARDS sind unentbehrlich zur Planung entsprechender klinischer Studien und zur ökonomischen Allokation von Ressourcen (z.B. ECMO-Zentren). Inzidenz: Zugrunde liegt die Definition der Amerikanisch-Europäischen Konsensus-Konferenz von 1992. Die Inzidenz des ARDS bei Kindern jenseits des Neugeborenenalters liegt in drei populationsbezogenen Studien übereinstimmend bei 3/100000a für die Altersgruppe 0,1–18 Jahre. Dies entspricht deutschlandweit (2007: 13,97 Mio Einwohnern <18 Jahren) ca. 400–450 Fällen. Es besteht eine schiefe Altersverteilung, ca. 40% der Fälle treten im ersten Lebensjahr auf. Aetiologie und Grundkrankheiten: Etwa ein Drittel der Patienten weisen eine angeborene oder erworbene Störung des Immunsystems auf, nur ca. 40% erkranken ohne chronisches Grundleiden. Hier stellen die Meningokokkensepsis und Ertrinkungsunfälle die häufigsten Ursachen dar. Verlauf: Die Letalität liegt derzeit, zwischen ca. 30% in entwickelten Industrieländern und 60% in Schwellenländern. Das Letalitätsrisiko ist bei immunsupprimierten Patienten, Patienten mit akuter ZNS-Schädigung und Patienten mit Multiorganversagen besonders erhöht. Je nach Case-mix sterben bis zu 50% der Patienten an zerebralen Komplikationen. Ca 40% der Patienten, die einer ECMO-Therapie zugeführt werden, versterben. Hauptrisikofaktoren sind Schock und schwerste Hypoxämie vor ECMO-Beginn.

Folgerungen: Die Durchführung klinischer Studien zur Senkung der Mortalität wegen der geringen Inzidenz ist nur in internationaler Zusammenarbeit möglich (um innerhalb zwei Jahren eine Senkung der Letalität um 20% nachzuweisen, müssten 50% aller deutschen Patienten einbezogen werden).

Bei jährlich ca. 150 Todesfällen, die überwiegend bei Patienten eintreten, bei denen eine Kontraindikation zur ECMO besteht (akuter Hirnschaden, schwere neuromuskuläre Erkrankungen, schwere Immundefizienz) sind deutschlandweit ein bis zwei spezialisierte Zentren mit der Kapazität zum ECMO-Transport erforderlich. Ein derartiges Zentrum muss auch über Fachkompetenz in der Therapie immunsupprimierter Patienten verfügen.