Klin Padiatr 2010; 222 - Pflege_1
DOI: 10.1055/s-0030-1261282

Prädiktoren für niedriges Geburtsgewicht – Eine epidemiologische Fall-Kontroll-Studie an saarländischen Wöchnerinnen

T Altenhöner 1, S Haustein 1, B Reime 2, J Möller 3
  • 1Department Gesundheit und Pflege, Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes, Saarbrücken
  • 2University of British Columbia, Vancouver, Kanada
  • 3Perinatalzentrum, Kliniken d. Stadt Saarbrücken, Saarbrücken

Hintergrund: Niedriges Geburtsgewicht verursacht hohe Versorgungskosten im Gesundheitssystem und bedeutet für die betroffenen Neugeborenen ungünstige Startbedingungen für ihr Leben (z.B. Kirschner & Hoeltz 2000). Bekannt ist, dass sich ein niedriges Geburtsgewicht auch langfristig negativ auf das Entwicklungspotenzial und das Auftreten gesundheitlicher Störungen – u.a. psychischer Erkrankungen – auswirkt (Roberts et al. 2007; Simeoni & Zetterström 2005). Die Rolle psychosozialer und sozioökonomischer Determinanten für das Auftreten von niedrigem Geburtsgewicht wurde insbesondere in Deutschland nur wenig beforscht (vgl. Reime et al. 2006). Fragestellung: Ziel der Studie war es, den Einfluss sozioökonomischer Merkmale, psychosozialer Faktoren und des Gesundheitsverhaltens der Mutter auf das kindliche Geburtsgewicht zu untersuchen. Material und Methode: In einer explorativen Fall-Kontroll-Studie wurden das Auftreten der genannten Faktoren von 26 Fällen (Geburtsgewicht höchstens 2500 Gramm) mit denen von 26 Kontrollen verglichen. Die Erhebung erfolgte anhand einer standardisierten Befragung. Ergebnisse: Die Befunde zeigen, dass Mütter der Kontrollgruppe häufiger verheiratet waren bzw. mit einem Partner lebten (100% vs. 77%; p<0,05) und über einen höheren Berufsstatus (83% Angestellte vs. 54%; p<0,05). verfügten. Auf deskriptiver Ebene sichtbare Bildungsdifferenzen zu Ungunsten von Frauen mit geringerer Bildung waren in den statistischen Tests nicht signifikant. Mütter der Fallgruppe litten öfter unter Erschöpfungszuständen (p<0,05) und berichteten überproportional oft partnerschaftliche Probleme (M=1,8 (1,1) vs. M=1,3 (0,5); p<0,05). Ebenso hatten sie höhere Belastungen am Arbeitsplatz beispielsweise durch Witterung, Hitze oder Zug (M=1,7 (1,0) vs. M=1,1 (0,4); p<0,05) angegeben und ihnen stand tendenziell weniger Wohnraum zur Verfügung (M=96,5m2 (31,5m2) vs. M=118,5m2 (46,8m2); p<0,1). Diskussion und Schlussfolgerung: Die Arbeit bestätigen v.a. internationale Befunde, nach denen sich die soziale Lage von Frauen mit normalgewichtigen Neugeborenen und denen, die ein Kind mit zu niedrigem Geburtsgewicht zur Welt bringen, unterscheidet. Neben vertikalen Statusmerkmalen scheinen partnerschaftliche Bedingungen sowie damit vermutlich in Zusammenhang stehende psychosoziale Belastungen eine Rolle zuzukommen. Ebenso ergaben sich erste Anzeichen, die auf eine mögliche Relevanz von Arbeitsplatzbelastungen und der Wohnsituation hinweisen. Zum einen erscheint es sinnvoll und aufgrund der kleinen Stichprobe notwendig, die einbezogenen psychosozialen und sozioökonomischen Faktoren in prospektiven Studien anhand größerer Stichproben zu untersuchen, zum anderen sollte diesen Merkmalen in der Erforschung von Prädiktoren niedrigen Geburtsgewichts vermutlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.