Krankenhaushygiene up2date 2011; 6(4): 257-258
DOI: 10.1055/s-0030-1257115
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Kein routinemäßiger Wechsel von arteriellen Kathetern

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Publication Date:
21 December 2011 (online)

Pirracchio R et al. Arterial catheter-related bloodstream infections: Results of an 8-year survey in a surgical intensive care unit. Crit Care Med 2011; 39: 1372 – 1376

Die einschlägigen Richtlinien (z. B. CDC/HICPAC 2002 und 2011) sehen keinen routinemäßigen Katheterwechsel für zentrale Venenkatheter und arterielle Katheter vor. Dennoch war und ist dies in vielen Kliniken etablierte Praxis.

In der Einrichtung der Autoren wurden arterielle Katheter ungeachtet klinischer Zeichen einer Infektion an der Eintrittsstelle alle 5 Tage gewechselt. Im Jahr 2000 wurde dieses Wechselintervall aufgegeben, sodass sich eine Vorherperiode zwischen 1997 und 2000 und eine Nachherphase zwischen 2000 – 2004 für diese Kohortenstudie ergab.

Die Methode zur Katheteranlage änderte sich im Beobachtungszeitraum nicht und für die Anlage der arteriellen Katheter wurden maximale Barrieremaßnahmen, einschließlich eines sterilen Kittels bei der Anlage von Femoraliskathetern, angewandt. Alle Katheterspitzen wurden routinemäßig nach Entfernung mikrobiologisch untersucht.

Insgesamt 3247 arterielle Katheterisierungen bei 1672 Patienten fanden Eingang in die Studie (im Durchschnitt 1,9 Katheter/Patient mit einer Standardabweichung von 1,7).

Die Kolonisationsrate der Katheter betrug 14,2 % vor 2000 und 16,4 % nach 2000 (p = 0,1) und die Kolonisationsinzidenzdichte lag bei 31,32 per 1000 Kathetertage vor und 29,79/1000 Kathetertage nach 2000 (p = 0,11), sodass sich kein statistisch signifikanter Unterschied ergab. Die katheterassoziierte Sepsisrate reduzierte sich jedoch deutlich (p < 0,0001) von 3,13/1000 Kathetertage (95 %-Konfidenzintervall [KI] 1,974,97) bei Wechsel alle 5 Tage auf 1,01/1000 Kathetertage (KI 0,56 – 1,82) ohne festes Wechselintervall. Als Nebenbefund konnten die Autoren zeigen, dass das Risiko einer katheterassoziierten Infektion mit der Schwere der Erkrankung zunimmt (Hazard Ratio 1,04 pro Punkt im APACHE II score; KI 1,02 – 1,06; p < 0,0001).

Trotz der methodischen Schwächen einer prä-post-quasiexperimentellen Studie sehen die Autoren in ihren Ergebnissen eine eindeutige Bestätigung der CDC-Empfehlungen, die sich bereits 2002 gegen den routinemäßigen Wechsel arterieller Katheter ausgesprochen haben.

Fazit: Zunächst belegt die Studie eindrucksvoll, dass ein routinemäßiger Wechsel arterieller Katheter mehr schadet als nutzt. Einige zusätzliche Details verdienen jedoch auch Beachtung. Als hauptsächlicher Kolonisationskeim wurde Staphylococcus epidermidis (56 %) und als hauptsächlicher Infektionskeim Staphylococcus aureus (31 %) identifiziert. Da es sich hierbei um typische Hautkeime handelt, lohnt sich ein Blick auf die verwendete Hautdesinfektionstechnik: Nach einer Waschung mit PVP-Jodseife erfolgte die Haupthautdesinfektion mit 10 % PVP-Jodlösung und nach Aufbringen der sterilen Abdeckung eine nochmalige Desinfektion mit PVP-Jod in Alkohollösung leider ohne Angabe der Konzentration.Es darf spekuliert werden, dass die „Waschphase“ in Analogie zu den Erkenntnissen bei der chirurgischen Händedesinfektion eher nachteilige Effekte auf die Wirksamkeit des alkoholischen Anteils der Desinfektionsmittellösung haben könnte und ein einfacheres Anwendungsschema einer Kombinationslösung aus 70 % Alkohol mit Chlorhexidin, Octenidin oder PVP-Jod unter Beachtung der Einwirkzeit sinnvoll erscheint.

PD Dr. Sebastian Schulz-Stübner, Freiburg

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