Krankenhaushygiene up2date 2011; 6(4): 255
DOI: 10.1055/s-0030-1257111
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Reduzieren LAF-Systeme die Infektionsrate bei Gelenksersatzoperationen?

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Publikationsdatum:
21. Dezember 2011 (online)

Hooper GJ et al. Does the use of laminar flow and space suits reduce early deep infection after total hip and knee replacement? J Bone Joint Surg 2011; 93-B: 85 – 90

Seit der Lidwell-Studie Ende der 80er-Jahre ging man davon aus, dass der Einsatz von sog. Laminar Air Flow (LAF) oder Körperluftabsaugung die Infektionsrate bei Hüft- und Kniegelenksersatzoperationen senken kann. Dies hat auch Niederschlag in unterschiedlichen nationalen und internationalen Normen und Empfehlungen gefunden. Erste Analysen aus dem deutschen KISS-System ließen bereits Zweifel an dieser Tatsache aufkommen (Brandt et al. Ann Surg 2008), auch die KRINKO hat mittlerweile ihre Empfehlung revidiert und die Frage nach dem infektionsprophylaktischen Effekt von LAF-Systemen als ungelöst eingestuft.

In einer neuseeländischen Studie wurden nun die Daten aus einem nationalen Erfassungssystem (New Zealand Joint Registry) untersucht, das alle durchgeführten Gelenksersatzoperationen erfasst und über 6 Jahre nachverfolgt. So werden u.a. auch die ersten Revisionen und die Gründe dafür erfasst. Untersucht wurden Eingriffe zwischen 1999 und 2008. Um mögliche Kofaktoren (z. B. Operationsdauer, Antibiotikatherapie, chirurgische Technik) auszuschließen, wurde die Studie auf solche Chirurgen begrenzt, die Erfahrung mit konventionell belüfteten Operationssälen und mit LAF-Systemen hatten (je 50 Operationen). Gleiches gilt auch für die Benutzung von Körperluftabsaugung.

Bei den Hüftendoprothesen war bei 46 Patienten eine Revision aufgrund einer Infektion notwendig. Es zeigte sich eine Steigerung der Revisionen bei der Nutzung der Körperluftabsaugung (0,186 %) gegenüber konventioneller OP (0,064 %). Ebenfalls zeigte sich eine Zunahme beim Einsatz von LAF (0,148 %) gegenüber konventioneller Belüftung (0,061 %). Bei der Verwendung von LAF in Kombination mit Körperluftabsaugung betrug die Revisionsrate 0,198 %, bei konventioneller Belüftung ohne Körperluftabsaugung 0,053 %. Bei den Knieendoprothesen zeigte sich ein ähnliches Bild: Mit Körperluftabsaugung 0,243 %, ohne 0,098 %, mit LAF 0,193 %, ohne 0,1 %. Bei Kombination von LAF und Körperluftabsaugung waren es 0,25 %, bei konventioneller Belüftung 0,087 %.

Eine Befragung unter den teilnehmenden Chirurgen erbrachte folgende Meinungen zur Erklärung der Ergebnisse: Die räumliche Wahrnehmung wird durch die Körperluftabsaugung eingeschränkt, es besteht eine höhere der Gefahr der Kontamination, Chirurgen manipulieren unbewusst den Sitz der Körperluftabsaugung und kontaminieren sich dabei. Die Technik könne außerdem eine falsche Sicherheit vortäuschen, die dazu verleite, dass auf weitere Bedingungen nicht mehr geachtet werde.

Fazit: Die Autoren der Studie sehen keinen Vorteil bei der Benutzung von Laminar Air Flow oder Körperluftabsaugung bei der Reduzierung der Revisionsrate bei frühen Infektionen bei Gelenkersatzoperationen an Knie oder Hüfte.
Der Schwachpunkt der Studie ist, dass sie keine detaillierten Aussagen über die Raumlufttechnik machte (z. B. Größe der Zuluftdecke, Luftwechselzahlen, Filterklassen). Die Autoren haben sich zwar von den erfassten Krankenhäusern bestätigen lassen, dass eine regelmäßige Wartung insbesondere der Filter erfolgt, aber weitere Informationen fehlen.

Martin Scherrer, Tübingen

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