Neue Empfehlungen für die Umgebungsuntersuchungen bei Tuberkulose

Pneumologie 2011; 65: 359 – 378

Liebe Redaktion der Zeitschrift Pneumologie,

in den neuen Empfehlungen für die Umgebungsuntersuchung bei Tuberkulose, veröffentlicht in der Juni-Ausgabe der Pneumologie, wird die Bedeutung des IGRA bei der Umgebungsuntersuchung der Tuberkulose dargestellt. Ich weise daraufhin, dass im Rahmen der kassenärztlichen Tätigkeiten dieser Test nicht als Screening-Untersuchung oder zur Umgebungsuntersuchung bei Kontaktpersonen dienen darf. Dies ist aus der Beschreibung und der Anmerkung zur EBM-Ziffer 32670 eindeutig niedergelegt.

Nun ist der wissenschaftliche Fortschritt die eine Seite, aber bei den Empfehlungen des deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose hätte man sich etwas mehr Realitätssinn und ggfs. auch Mitwirkung eines niedergelassenen Lungenarztes gewünscht. Ein Pneumologe, der Interferon-Gamma-Tests außerhalb der strengen Indikation des EBM anwendet, muss mit einer Regressforderung rechnen.

Nun mögen die Verfasser der Empfehlung für die Umgebungsuntersuchung bei Tuberkulose einwenden, dass Umgebungsuntersuchungen eine Domäne des öffentlichen Gesundheitswesens sind. Das ist richtig. Ich weise jedoch daraufhin, dass es Städte gibt, z. B. meine Heimatstadt, die faktisch Pleite sind. Es ist weltfremd zu glauben, dass in Städten, die kein Geld haben, nicht auch versucht wird, die Kosten des Gesundheitsamtes niedrig zu halten. Faktisch nehmen Pneumologen an Umgebungsuntersuchungen teil. Pneumologen haben das in der Vergangenheit in der Regel mit dem Tuberkulinhauttest gemacht (Früher GT10 jetzt PPD23). Ich sehe nicht, dass die Unzulänglichkeiten des Interferon Gamma Release Assays geringer zu bewerten wären als die Unzulänglichkeiten des Tuberkulinhauttestes. Jedenfalls vermag ich anhand der Datenlage keine eindeutige Bevorzugung des Interferon Gamma Release Assays bei Umgebungsuntersuchungen nachzuvollziehen, nicht in meinem Setting als niedergelassener Pneumologe. Wenn Gesundheitsämter wohlhabender Städte dazu in der Lage sind: herzlichen Glückwunsch. Ich befürchte nur im praktischen Leben außerhalb der Gesundheitsämter kommt es jetzt zur Tuberkulosediagnostik nach Kassenlage. Dabei ist die neue Empfehlung dann ein Bärendienst für die niedergelassenen Pneumologen.

Mit freundlichen Grüßen

N. K. Mülleneisen