Krankenhaushygiene up2date 2010; 5(2): 80
DOI: 10.1055/s-0030-1255651
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Nichteinhaltung von Behandlungsprotokollen Hauptursache für Therapieversagen

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
19. Juli 2010 (online)

Garcin F, Leone M, Antonini F et al. Non-adherence to guidelines: an avoidable cause of failure to empirical antimicrobial therapy in the presence of difficult-to-treat bacteria. Intensive Care Med 2010; 36: 75 – 82

Die Therapie von beatmungsassoziierten Pneumonien erfordert eine frühzeitige Einbeziehung der wahrscheinlichsten Erreger in die empirische Therapie und Deeskalation des Antibiotikaregimes nach erfolgter mikrobiologischer Diagnostik. Insbesondere das Auftreten von Problemkeimen wie z. B. Acinetobacter baumanii, Pseudomonas aeruginosa und oxacillinresistenten Staphylococcus aureus muss in den institutionsspezifischen Leitlinien zur empirischen Therapie berücksichtigt werden. Garcin und Mitarbeiter gingen nun der Frage nach, welche Faktoren ausschlaggebend für eine nicht sachgemäße Antibiotikatherapie der beatmungsassoziierten Pneumonie sind.

Hierzu wurden die Daten von 6172 Patienten einer 16-Betten-Intensivstation aus dem Zeitraum von Januar 2001 bis Januar 2007 untersucht. 218 Patienten mit beatmungsassoziierter Pneumonie wurden identifiziert. 50 dieser Patienten entwickeln eine Pneumonie mit als „schwierig zu behandeln” eingestuften Erregern (darunter 9 in der Gruppe der 76 Frühpneumonien und 41 in der Gruppe der 142 Spätpneumonien).

Als Risikofaktoren für eine Infektion mit schwer zu behandelnden Erregern ergaben sich ein vorhergehender Krankenhausaufenthalt von mehr als 4 Wochen, manifester Schock und das Vorliegen einer Spätpneumonie (> 5 Tage Beatmung). Die empirische Therapie war insgesamt in 87 % der Fälle ausreichend, in 40 % der Fälle mit schwer zu behandelnden Erregern jedoch unzureichend. In der Hälfte dieser Fälle mit unzureichender Therapie erfolgte die Therapie nicht entsprechend den lokalen Leitlinien, die die entsprechenden Risikofaktoren berücksichtigen.

Fazit: Insgesamt stellen die Autoren eine im Vergleich zu anderen Studien gute Compliance mit den hausinternen Leitlinien fest, ermitteln jedoch gerade die Patienten mit schwierig zu behandelnden Erregern als Risikopopulation für ein Versagen der Leitlinien. Man darf spekulieren, dass das Nicht-Erkennen von Risikofaktoren der Hauptfaktor für eine fehlerhafte Anwendung sein dürfte. Für die Praxis bedeutet dies, dass eine Evaluation der hausinternen Leitlinien in regelmäßigen Abständen erfolgen sollte und ggf. eine Schulung hinsichtlich der Erkennung von Risikofaktoren oder eine Anpassung und Vereinfachung der Leitlinien im Sinne einer initial breiteren Berücksichtigung auch schwerer zu behandelnder Erreger vor allem bei Spätpneumonien vorgenommen werden muss.

PD Dr. med. Sebastian Schulz-Stübner, Karlsruhe

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