Diabetologie und Stoffwechsel 2010; 5 - P193
DOI: 10.1055/s-0030-1253921

QT-Prolongation und Hypokaliämie als Folgen der insulininduzierten Hypoglykämie

K Göller 1, P Hemmer 1, P Schauerte 2, M Rasche 3, B Karges 1, W Karges 1
  • 1RWTH Aachen, Universitätsklinikum, Endokrinologie und Diabetologie, Aachen, Germany
  • 2RWTH Aachen, Universitätsklinikum, Kardiologie, Aachen, Germany
  • 3Universitätsklinikum Leipzig, Endokrinologie und Diabetologie, Aachen, Germany

Fragestellung: Die hypoglykämieassoziierte Mortalität bei Patienten mit Diabetes wird teilweise auf kardiale Rhythmusstörungen mit Sekundenherztod (sog. „Dead-in-bed Syndrome“) zurückgeführt. Rasch einsetzende Hypoglykämien können über Elektrolytverschiebungen und neurohumorale Mechanismen potentiell zur elektrischen Instabilität des Myokards beitragen, deren Kinetik nur unzureichend bekannt ist. In einer prospektiven, interventionellen Studie wurden die Effekte der akuten Hypoglykämie systematisch analysiert.

Methodik: Durch intravenöse Injektion von Normalinsulin (0,1–0,25 IE/kg iv Bolus) wurde bei 40 Patienten (n=22 weiblich, Alter 45,2±12,2 Jahre, BMI 28,4±5,2kg/m2) eine schnell einsetzende Hypoglykämie induziert und bei Erreichen von Blutzuckerwerten <40mg/dl durch orale Glucose beendet. Die Untersuchung erfolgte bei nicht-diabetischen Patienten im Rahmen einer klinisch indizierten Hypophysendiagnostik. Als Zielgrößen wurden Serum-Kalium (K+), korrigierte QT Zeit (QTc) im 12-Kanal EKG, Plamaglucose (pGlc), Adrenalin und andere hormonale und klinisch-chemische Parameter seriell gemessen.

Ergebnisse: Eine Hypoglykämie <40mg/dl wurde von 39/40 der Patienten erreicht, assoziiert mit einem Anstieg des Edinburgh Hypoglycemia Score auf 41,2±17,4 (MW±SD). Der mittlere Abfall von pGlc betrug 1,69mg/dl/min. Das Minimum der pGlc betrug 27,5±8,5mg/dl und wurde im Mittel nach 29,6±9,2min erreicht. Die Hypoglykämie war mit einem Anstieg des Adrenalins von 159,6±115,9pmol/l auf 2801,2±1661,5pmol/l assoziiert. Bei 95% (38/40) der Patienten kam es in Hypoglykämie zu einer Hypokaliämie von ≤3,6mmol/l. Das Serum K+ fiel von basal 3,93±0,2mmol/l auf 3,26±0,2mmol/l ab. Bei 47% der Patienten trat in Hypoglykämie ein Anstieg der QTc um ≥20msec auf, 14% der Frauen und 28% der Männer entwickelten eine pathologisch verlängerte QTc (>450 bzw. >440 msec). Die Veränderungen waren nicht signifikant mit dem Alter, BMI oder hormonalen Status der Patienten korreliert.

Schlussfolgerung: Schnell einsetzende Hypoglykämien führen bei der Mehrzahl der Patienten zu einer deutlichen Hypokaliämie und häufig zu einer Verlängerung der QT-Zeit, die der gleichen zeitlichen Abfolge wie die Plasmaglucose unterliegen. Die Bedeutung dieser Veränderungen für hypoglykämieassoziierte Herzrhythmusstörungen bedarf weitergehender Analyse.