ergopraxis 2010; 3(3): 12
DOI: 10.1055/s-0030-1251457
wissenschaft

Apoplex – Ergotherapeuten sollen sich auf den Alltag konzentrieren

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Publication Date:
09 March 2010 (online)

 

In der Rehabilitation von Klienten mit einem Schlaganfall vernachlässigen Ergotherapeuten ihr eigentliches Berufsfeld und setzen ihren Schwerpunkt eher auf die physische Therapie. Zu diesem Ergebnis kamen die Professorinnen Stacy Smallfield (Ergotherapeutin) und Joy Karges (Physiotherapeutin) von der University of South Dakota, USA.

Die Forscherinnen werteten die Behandlungsunterlagen von 80 Klienten mit einem Schlaganfall aus, die sich durchschnittlich 15 Tage und mit etwa 21 Behandlungseinheiten in stationärer Rehabilitation in einer größeren Klinik befanden. Für die Interpretation der gewonnenen Informationen unterschieden die Forscherinnen 22 therapeutische Aktivitäten, welche die neuromuskulären Körperfunktionen der Klienten wiederherstellen und sie in ihren ADLs und Freizeitaktivitäten unterstützen sollten. Die Ergebnisse zeigen, dass sich Ergotherapeuten den neuromuskulären Körperfunktionen zu 65 Prozent der Behandlungseinheiten widmen. Die Verbesserung der ADLs ergab einen Therapieanteil von nur 48 Prozent (wegen Mehrfachzuordnung ergeben sich keine 100 Prozent). Die ADLs beschränken sich überwiegend auf das Üben von An- und Ausziehen, Bewegungstraining und die Körperpflege.

Die Forscherinnen schlussfolgern, dass Ergotherapeuten ihre Kernkompetenzen verkennen und sich stattdessen verstärkt physischen Anwendungen widmen. Sie unterstreichen jedoch die Aufgabe von Ergotherapeuten, Klienten nach einem Schlaganfall auf das Alltagsleben zu Hause vorzubereiten.

suma

Kommentar

Die Aufgabenzuweisung an die Ergotherapeuten durch die Autorinnen erscheint sehr traditionalistisch: hier das Behandeln der eingeschränkten Körperfunktionen, dort das Vorbereiten auf das häusliche Alltagsleben. Dabei übersehen sie, dass nach heutigem Verständnis und Ausbildungsstand Ergotherapeuten eigenständig in der Lage sind, die körperlichen Einschränkungen, beispielsweise nach Schlaganfall, sowohl motorisch als auch sensorisch zu verbessern und gezielt mit der Stärkung der Fitness für das Alltagsleben zu verbinden.

Das heißt: Die beiden Bereiche sollten aufeinander aufbauen. Ohne die motorischen Anteile können Ergotherapeuten auch nicht effektiv und adäquat an Alltagsaktivitäten arbeiten. Die motorisch-sensorischen Anteile sind die Voraussetzung, um im Alltag zielgerichtete Bewegungen ausführen zu können. Deshalb sollte man sie unbedingt miteinander verbinden – auch um die Klienten zu motivieren, die den Behandlungsverlauf anhand ihrer Fortschritte besser mitverfolgen können.

Susanne Marzahn, Dipl.-Ergotherapeutin (FH)

AJOT 2009; 63: 408–413

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