Klin Padiatr 2010; 222 - P22
DOI: 10.1055/s-0030-1251077

Hämangiom-Therapie mit Propranolol

C Politi 1, J Brumberg 1, C Knöppel 1, M Zemlin 1, RF Maier 1
  • 1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Marburg, Marburg

Hintergrund: Hämangiome sind gutartige Gefäßtumore, die bei 8–12% aller Säuglinge und bei bis zu 22% aller Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1000g vorkommen. Sie können sich vor Geburt oder postnatal manifestieren. Nach einer Wachstumsphase bilden sie sich meist bis zum 9. Lebensjahr zurück. Multiple und schnell wachsende Hämangiome können jedoch zu ästhetischen, funktionellen und sogar lebensbedrohlichen Beeinträchtigungen führen (z.B. Blutungen, intravasale Thrombenbildung mit Verbrauchskoagulopathie, Kasabach-Merritt-Syndrom). Therapeutisch wird für unkomplizierte Hämangiome eine lokale Laser- oder Kryotherapie, ggf. die operative Exzision empfohlen. Für komplizierte Hämangiome werden systemische Glukokortikoide, Zytostatika und Interferon-α mit z.T. nicht unerheblichen Nebenwirkungen eingesetzt. Neuerdings wird die off-label-Behandlung mit Propranolol empfohlen. Fallbericht: Wir berichten von der raschen Regression eines ausgedehnten nekrotisierenden Hämangioms unter oraler Therapie mit dem β-Blocker Propranolol. Mutter 27 Jahre, 1. Gravida. Pränatale Sonografien unauffällig. Geburt per primärer Sektio nach 33+4 SSW bei Präeklampsie. Geburtsgewicht 2080g. Links abdominal ein kavernöses Hämangiom (5×4×1,5 cm) mit großer zentraler Nekrose. Sonographisch kein Hinweis auf arterio-venöse Fisteln, im MRT kein Hinweis auf infiltrierendes Wachstum. Nach Aufklärung und schriftlichem Einverständnis der Eltern begannen wir am 17. Lebenstag mit einer oralen Propranolol-Therapie (2mg/kg in 3 Dosen). Bereits nach 5 Behandlungstagen waren eine Verkleinerung und ein Abblassen des Hämangioms erkennbar. Bei regelmäßigen Kontrollen zeigte sich eine zunehmende Involution des Hämangioms ohne systemische Nebenwirkungen (EKG und Blutdruck unauffällig). Schlussfolgerung: Bei komplizierten Hämangiomen kann die off-label-Therapie mit Propranolol erwogen werden. Eine multizentrische Zulassungsstudie ist wünschenswert.