Zusammenfassung
Ziel der Studie: Das 2007 gestartete Pilotprojekt Lörrach-Basel soll dazu beitragen, für die Bürger/-innen
der Region den Grenzeffekt im Gesundheitssektor zu überwinden. Die vorliegende Arbeit
befasst sich mit den Fragen, welche Patientengruppen grenzüberschreitende Behandlungsmöglichkeiten
in Anspruch nehmen, mit besonderer Berücksichtigung der begleitenden Finanzströme,
und welche Implikationen diese Inanspruchnahmeprofile für die Gestaltung in Richtung
auf eine Gesundheitsregion haben.
Methodik: Analysiert wurden Kostenübernahmeanträge und Routinedaten zu Klinikaufenthalten bei
grenzüberschreitenden Behandlungen sowie Daten gesetzlicher Krankenkassen beider projektbeteiligten
Länder zur Finanzierung bei Grenzgängern, ergänzend dazu eine Stichprobe aus Routinedatensätzen
zu Behandlungen in der Schweiz unter Zusatzversicherungsbedingungen sowie fragestellungsbezogene
Inhalte aus Experteninterviews mit Krankenhäusern bzw. Rehabilitationseinrichtungen
in beiden Ländern.
Ergebnisse: Bei der tatsächlichen Nutzung des Pilotprojektes durch Schweizer Versicherte zeigte
sich im zweiten Projektjahr mit insgesamt 125 Fällen eine ausschließliche Inanspruchnahme
im Bereich von Rehabilitationsleistungen. 73% aller Behandlungen fanden in zwei Kliniken
statt. Lediglich 8 Behandlungsfälle von deutscher Seite entsprachen den Rahmenbedingungen
des Pilotprojektes und betrafen vertragsgemäß Leistungen der hochspezialisierten akut-stationären
Versorgung. Die Anfragen zur Kostenübernahme bei deutschen gesetzlichen Krankenkassen
betrafen ein breites Leistungsspektrum, das über das Angebot innerhalb des Pilotprojektes
hinausgeht. Nur die Hälfte der − nach Anzahl der Anfragen gelisteten − Top 10-Standorte
ist auch Partner im Pilotprojekt. Mit Blick auf die gesamte Patientenmobilität in
der Grenzregion Basel-Lörrach, einschließlich der über Zusatzversicherungen finanzierten
Fälle und Leistungen für Grenzgänger, ausgenommen Privatversicherte und Selbstzahler,
zeigt sich für beide Länder eine hinsichtlich der Kosten in etwa ausgeglichene gegenseitige
Nutzung der medizinischen Leistungen (Größenordnung: je gegen 4 Mio. Euro). In Basel
Versicherte nehmen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung deutlich mehr medizinische
Leistungen in Lörrach in Anspruch als Lörracher Versicherte in Basel, im Zusatzversicherungsbereich
zeigt sich die umgekehrte Tendenz.
Schlussfolgerungen: Die Unterschiede nach Altersgruppen, Inhalten und Behandlungsorten weisen in Richtung
auf das Ausloten von Ergänzungspotenzialen, wenn es darum geht, in Zukunft die grenzüberschreitenden
Leistungskataloge dem Bedarf der Region noch besser anzupassen.
Abstract
Aim: The pilot project Lörrach-Basel was implemented in 2007 to reduce the border effect
in respect to the health care services for the citizens of the region. The study deals
with the questions as to which patient groups utilise cross-border health care, with
special regard to the accompanying financial streams, and what implications these
utilisation profiles will have for the development of a health region.
Methods: Applications for cost assumption and hospital routine data concerning cross-border
care, data of legal health insurance schemes of both participating countries for the
financing of border crossers’ medical care, in addition, question-related contents
from expert interviews with hospitals or rehabilitation facilities in both countries
and a random sample from routine hospital data of treatments in Switzerland under
complementary private insurance terms were analysed.
Results: Regarding the actual use of the pilot project by Swiss insured persons in the second
project year, an exclusive utilisation appeared in the area of rehabilitation with
a total of 125 cases. 73% of all treatments took place in two rehabilitation centres.
Only 8 cases from the German side corresponded to the framework of the pilot project
and concerned − according to contract − highly specialised in-patient care. The applications
for cost assumption addressed to German legal health insurance schemes aimed at a
wide spectrum which went beyond the offer within the pilot project’s framework. Only
one-half of the top 10 locations by number of applications are a partner in the pilot
project. When looking at the whole transnational patient mobility in the border region
of Basel-Lörrach, including the cases financed by complementary insurances and schemes
for border crossers, but with the exception of private insured persons, a nearly well-balanced
mutual use of the medical offers (scale: by 4 million Euros) is found concerning the
costs. Persons insured in Basel consume more medical care within the scope of the
compulsory health insurance in Lörrach than persons, insured in Lörrach, consumed
in Basel; the reverse trend appears for treatment cases financed by complementary
insurances.
Conclusions: The differences concerning age groups, contents and kinds of treatment point in the
direction of a search for complementary potentials with the aim of adapting the cross-border
health care offers to the future needs of the region.
Schlüsselwörter
grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung - Inanspruchnahmeverhalten - Deutsch-schweizerisches
Pilotprojekt
Key words
cross-border health care - utilisation behaviour - Swiss-German pilot project