Informationen aus Orthodontie & Kieferorthopädie 2010; 42(2): 77-86
DOI: 10.1055/s-0030-1247420
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag Stuttgart ˙ New York

Ist eine Diagnose bei der Behandlung mit modernen kieferorthopädischen Materialien überhaupt noch notwendig?

Is a Diagnosis Still Necessary in the Age of Modern Orthodontic Materials?D. Segner1
  • 1Privatpraxis in Hamburg
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Publication Date:
03 August 2010 (online)

In vielen Vorträgen und Aufsätzen wird der Eindruck erweckt, dass die Möglichkeiten moderner kieferorthopädischer Apparaturen wie zum Beispiel selbstligierender Brackets und superelastischer Nickel-Titan-Bögen eine einfache Behandlung ohne genaue Diagnose erlauben. So wurde beispielsweise lange Zeit behauptet, bei Verwendung eines bestimmten selbstligierenden Bracketsystems sei die Extraktion von Zähnen aus kieferorthopädischen Gründen praktisch nie erforderlich. Dies würde in der Tat nahe legen, dass der Aufwand einer genauen Befunderhebung und Diagnose entbehrlich wäre.

Nicht zuletzt basierend auf der Werbung werden an moderne kieferorthopädische Materialien hohe Erwartungen geknüpft. So sollen superelastische Bögen eine schnelle Nivellierung, gute Torquewirkung, gute Rotationskontrolle und den Verzicht auf Biegungen ermöglichen. Von selbstligierenden Brackets werden geringe Reibung, weniger Verankerungsbedarf und eine seltenere Extraktionsnotwendigkeit erwartet. Feste kooperationsfreie Klasse-II-Korrektoren bedürfen keiner Patientenmitarbeit mehr. Und letztlich sollen knochengestützte Verankerungen ebenfalls die Patientenmitarbeit entbehrlich machen, bisher unmögliche Zahnbewegungen erlauben und in vielen Fällen Extraktionen überflüssig machen.

Wenn nun also die modernen Apparaturen zum Beispiel erlauben würden, auf Extraktionen in vielen Fällen zu verzichten, so würde dies implizieren, dass die verwendete Apparatur einen wichtigen, wenn nicht gar entscheidenden Einfluss auf die Behandlungsplanung hat und der Einfluss der Befunde und Diagnosen relativ in den Hintergrund gedrängt würde. Der Autor hält dagegen die Hypothese, dass auch oder gerade bei der Verwendung moderner kieferorthopädischer Materialien die klassische befundbezogene Behandlungsplanung gemäß [Abb. 1] den Goldstandard darstellt. Im Folgenden sollen Beispiele dargestellt werden, die diese Hypothese untermauern.

Abb. 1 Der „Goldstandard“ der Behandlungsplanung.

Literatur

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Prof. Dr. D. Segner

Fachzahnarzt für Kieferorthopädie

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