Sportverletz Sportschaden 2010; 24(4): 187
DOI: 10.1055/s-0029-1245845
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Exzentrisches Krafttraining bei Tendinopathien

Eccentric Exercise in TendinopathiesK. Knobloch1
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Publication Date:
14 December 2010 (online)

Sehr geehrte Damen und Herren, verehrte Leser,

mit großer Freude darf ich Ihnen ein Schwerpunktheft der Zeitschrift Sportverletzung-Sportschaden zum Thema „exzentrisches Krafttraining bei Tendinopathien” präsentieren. Tendinopathien als Überlastungsschäden betreffen eine Reihe von Athleten. So sind beispielsweise Fußballspieler insbesondere von Achilles- und Patellarsehnenbeschwerden betroffen, ähnlich wie Laufsportler. Bedenkt man die Laufdistanz von 10 – 12 km, die ein motivierter Feldspieler in der ersten Fußballbundesliga in einem 90-minütigen Spiel durchaus zurücklegt, so wundert es wenig, dass diese Analogie zum „Runner’s knee” des Läufers u. a. an der Patellarsehne vorkommt. Sprungsportler wie Volleyballspieler beklagen insbesondere beim Wechsel von der Beach-Volleyballsaison in das Hallentraining im Herbst typischerweise Überlastungszeichen an der Patellaspitze. Schließlich schränken Tendinopathien an der Rotatorenmanschette Wurfsportler wie den Handballspieler oder auch Speerwerfer nachhaltig ein.

Die Erkenntnis der gesteigerten Durchblutung am Ort des Schmerzes bei Tendinopathien ist ein ganz wesentlicher Schritt zum Verständnis. So gelingt es heute mit Farb- oder noch genauer mit der Power-Doppler-Sonografie, diese „Neogefäße” an der schmerzenden Stelle zu visualisieren. Eine Reihe von Therapieoptionen zielt heutzutage darauf ab, diese unter Ruhebedingungen pathologisch gesteigerte Durchblutung zu reduzieren, wie es beispielsweise durch die Sklerosierung mit Polidocanol in spezialisierten Zentren erreicht werden kann.

Das exzentrische Krafttraining ist meiner Meinung nach der Eckpfeiler jedweder Therapiemaßnahme bei Tendinopathien. Dr. Howard Lamb, ein Forschungsassistent an der Sport Medicine Clinic of Nova Scotia, Kanada, hinterfragte 1978 die damalige Standardtherapie mit physikalischen, nicht schmerzhaften Maßnahmen, NSAR, TENS und Eis. Dr. Lamb stellte die Hypothese auf, dass nur durch die graduelle Überbelastung der überforderten Sehne die Sehnenkraft erhöht werden könne. Immobilität dagegen würde die Sehne schlechterdings schwächen. Das von Dr. Lamb vorgeschlagene exzentrische Krafttrainingsprogramm sollte folgende Charakteristika aufweisen: a) Simulation sportartspezifischer Bewegungen und b) Entwicklung einer höheren Sehnenkraft als bei anderen Krafttrainingsformen. William D. Stanish und Sandra Curwin zeigten dann exzellente klinische Ergebnisse des exzentrischen Krafttrainings für eine Reihe von Tendinopathien in ihrem sehr lesenwerten Buch „Tendinitis: its etiology and treatment” von 1984.

Prof. Håkan Alfredson hat dann in den 90er-Jahren nachhaltig das Interesse an dieser Therapieform zunächst bei Achillessehnenbeschwerden, später auch an anderen Lokalisationen mit wissenschaftlich beispielhaften Arbeiten geweckt. Håkan gehört auch zu den Autoren, die den Einsatz der Farb-Doppler-Sonografie in der Diagnostik von Tendinopathien wie auch die Einführung der Sklerosierungsbehandlung mit Polidocanol beschrieben haben. Insofern freue ich mich sehr, dass er Ihnen, geneigte Leserschaft, in dieser Ausgabe eine sehr persönliche Perspektive in Sachen „exzentrisches Krafttraining” gibt. Darauf gefolgt stellen 3 Übersichtsarbeiten die derzeitige Evidenz zum exzentrischen Krafttraining bei unterschiedlichen Tendinopathien vor.

Ich wünsche Ihnen mit diesem Schwerpunktheft eine bereichernde Lektüre und darf mich an dieser Stelle bei den Autoren, Herrn Professor Scharf wie auch Frau Anna Hecker herzlichst für die vorzügliche und gradlinige Zusammenarbeit bedanken.

Herzlichst

Ihr

PD Dr. Karsten Knobloch, FACS

PD Dr. Karsten Knobloch

Leitender OA Plastische,Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Medizinische Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Str. 1

30625 Hannover

Email: KKnobi@yahoo.com