ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2009; 118(9): 401
DOI: 10.1055/s-0029-1241951
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Foetor ex ore

Cornelia Gins
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Publication Date:
28 September 2009 (online)

„Vor einiger Zeit fand ich in der Propaganda für ein neues Mundpflegemittel die Überschrift: Heikles Thema – Mundgeruch. Die Tonsillen sind ektomiert, das Gebiss vollständig saniert, die Nasennebenhöhlen sind in jeder Hinsicht ohne krankhaften Befund, in Thorax und oberen Verdauungswegen und Magen wurde vergeblich nach pathogenen Veränderungen gefahndet – der Mundgeruch blieb. Das hat mich veranlasst nach zu sehen, was denn in der neuen wissenschaftlichen Literatur über das Problem Foetor ex ore zu finden ist. Was ich gefunden habe, ist wenig – vielleicht weil mir als Nachschlagequelle nur das Werk ,Was gibt es Neues in der Medizin? zur Verfügung stand. Alle vorgeschlagenen Behandlungsarten werden in die Rubrik der rein symptomatisch wirkenden Verfahren eingeordnet – eine kausale Behandlung, die zur Heilung führen kann, ist nicht benannt. Man darf es mir nicht übel nehmen, wenn ich die erwähnten Ausführungen über die Herkunft des Foetor mit leichtem Schmunzeln lese, denn meine Mitarbeiter und ich haben die Ursache des Foetor weitgehend klären können.” 1968 hatte das mein Großvater, Prof. Heinrich A. Gins, ehemaliger Direktor des Robert–Koch–Instituts, in einer Publikation „HNO”, Wegweiser für die Fachärztliche Praxis, veröffentlicht. Ich erinnerte mich an seinen Sonderdruck, da das Problem „Mundgeruch” in diesem Jahr auf vielen Kongressen und Symposion wieder einmal stark thematisiert wurde. Auch in dieser Ausgabe gibt es einen Beitrag zu der Problematik. Mundgeruch ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit. Waren es früher eher zerstörte Zähne und mangelnde Hygiene, werden heute vielfältigere Gründe, wie Stress, Medikamente, aber vor allem immer noch ungenügende oder falsche Hygiene angeführt. Ursache für die Entstehung von Mundgeruch wird in der Verschiebung der Mikrobiologie der Mundhöhle gesehen. Das hatte mein Großvater bereits 1949 in seinem Buch „Einführung in die Bakteriologie – für Zahnärzte und Studierende der Zahnheilkunde” (Hanser Verlag) beschrieben und als Bakteriologe auch eine mögliche Erklärung für die Entstehung sowie Anmerkungen zur Therapie gegeben. Als Hygieniker galt sein Interesse ohnehin den Infektionserkrankungen (z.?B. Pocken, Maul– und Klauenseuche). So lag es für ihn nahe, sich auch intensiv mit den Ursachen parodontaler Erkrankungen und ihrer Behandlung zu befassen.

Die älteren Kollegen werden sich sicher an die Zahncreme Cruzylan (nach Prof. H. A. Gins) erinnern, die übrigens immer noch in Apotheken erhältlich ist. So bin ich zugegebenermaßen ein wenig überrascht, dass bei der nun wieder aufgeflammten Diskussion um Diagnose und Therapie von Mundgeruch die Untersuchungen meines Großvaters in keiner Literaturrecherche erscheinen. Aber vielleicht gibt dieses Editorial ja Anlass, das Interesse an seinen Studien erneut zu wecken. So sei mir gestattet, dass ich an dieser Stelle die Gelegenheit genutzt habe, an ihn zu erinnern, denn ich bin schon mächtig stolz auf meinen Großvater.

Cornelia Gins

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