Z Gastroenterol 2009; 47 - P412
DOI: 10.1055/s-0029-1241656

Prävalenz und klinisches Outcome von Mangelernährung bei Patienten mit neuroendokrinen Tumoren

S Maasberg 1, B Drzikova 1, H Jann 1, M Pavel 1, KH Weylandt 1, B Wiedenmann 1, A Sturm 1, UF Pape 1
  • 1Charite-Universitätsmedizin Berlin, Med Klinik m.S. Hepatologie, Gastroenterologie und Stoffwechsel, Campus Virchow, Berlin, Germany

Mangelernährung (ME) ist bei soliden Tumoren mit erhöhter Morbidität und Mortalität assoziiert. Für neuroendokrinen Tumore (NET) liegen jedoch bislang keine Daten vor. Ziel der Untersuchungen war die erstmalige systematische Charakterisierung des Ernährungszustandes von Patienten (Pat.) mit NET und die Korrelation mit klinisch-onkologischen Kriterien.

Von 2006 bis 2008 wurde bei 203 Pat. mit histologisch nachgewiesenem NET der Ernährungsstatus erhoben (177 stationäre, 25 ambulante Pat.). Hierzu dienten Screening Scores (SGA, NRS), Größe, Gewicht, BMI, Oberarmumfang (OAU), Albumin, Transferrin, 5-HIES und bioelektrische Impedanzanalyse (BIA). Krankenhausaufentaltsdauer (lenght of hospital stay, LoS), Krankheitsverlauf und aktuelle Therapie wurden erfasst.

Die Primärtumoren lagen in Pankreas (n=52), Gastrointestinaltrakt (91), Lunge (12) und anderen Organen (16); in 27 Fällen war der Primarius unbekannt. Ein fortgeschrittenes Tumorstadium (Stadium IIIb&IV) fand sich bei 85,1%. 89,7% der NET waren gut (WDEC), 10,3% schlecht differenziert (PDEC), das Grading verteilte sich auf 35% G1-, 55% G2- & 10% G3-NET. Eine moderate bis deutliche ME bestand bei 25,1% (SGA) bzw. 21,7% (NRS). Die ME-Prävalenz war bei stationären höher als bei ambulanten Pat. (27% vs. 15%). Schlechtere Screening-Scores korrelierten signifikant mit schlechteren Resultaten bei BMI (p=0,001), OAU (p=0,001), Albumin (p<0,001), Transferrin (p=0,007), 5-HIES (p=0,001) und BIA (p<0,001). ME zeigte sich häufiger bei Pat. in Stadium IIIb/IV als in den Stadien I-IIIa (29% vs. 14%) sowie bei PDEC vs. WDEC (50% vs. 24%, p=0,035; G1 vs. G2 vs. G3: p=0,004). Ein dokumentierter Tumorprogress (p=0,001) und eine aktuelle Chemotherapie (p=0,03) waren ebenfalls signifikant mit ME assoziiert, nicht jedoch eine Biotherapie mit Octreotide (p=0,7). Pat. mit ME waren signifikant länger hospitalisiert (LoS 4,1 vs. 8,8 Tage, p=0,005). ME ist bei NET ebenso prävalent wie bei anderen soliden Tumoren. ME ist häufiger bei schlechter Tumordifferenzierung, fortgeschrittenen, progredienten und chemotherapeutisch behandelten NET. Mangelernährungsscreening und therapeutischen Interventionen sollte daher, vor allem in den Risikogruppen, ein wesentlicher Stellenwert in der supportiven Therapie zukommen.