Zahnmedizin up2date 2010; 4(1): 43-66
DOI: 10.1055/s-0029-1240733
Varia

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Kommunikation in der Zahnarztpraxis

Volker Köllner, Katrin Rinke, Kerstin Weidner, Bernd Reitemeier
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Publication Date:
25 February 2010 (online)

Bedeutung der Kommunikation

Der zahnärztliche Beruf verlangt nicht nur Fertigkeiten und Kompetenzen auf diagnostischem, therapeutischem und technischem Gebiet, sondern auch im Bereich der Kommunikation. Das Bild, das eine zahnärztliche Praxis nach außen vermittelt, und die Zufriedenheit des Patienten mit der zahnärztlichen Versorgung werden in wesentlichem Maße durch die Qualität der Kommunikation bestimmt. Hierbei ist nicht nur die direkte Kommunikation zwischen Zahnarzt und Patient, sondern auch die zwischen Patient und Praxispersonal („patientenzentrierte Kommunikation“) sowie innerhalb des Praxisteams („teamzentrierte Kommunikation) von Bedeutung (Abb. [1]).

Abb. 1 Wege der Kommunikation in der zahnärztlichen Praxis.

Kommunikation beginnt bei der telefonischen Anmeldung eines Patienten in der Praxis, setzt sich fort beim Empfang, bei der Behandlung einschließlich der Therapieplanung und der erneuten Terminvereinbarung. Ob eine Beziehung im Praxisteam harmonisch oder von Spannungen geprägt ist, spürt der Patient. Wenn er bei der Anmeldung an der Rezeption oder am Telefon unfreundlich angesprochen wird oder in der Praxis Zeuge von angespannten Gesprächen oder gar Streit zwischen dem Zahnarzt und seinen Mitarbeitern wird, kann eine an sich gute Beziehung zwischen Zahnarzt und Patient und vor allem das Vertrauensverhältnis empfindlich gestört werden.

Untersuchung zur Zufriedenheit in der Zahnarztpraxis

  • Eine Untersuchung von Thill zeigte, dass nur wenige Patienten Zufriedenheit über den ersten Telefonkontakt in der Praxis äußerten. Unterschiedliche Sichtweisen sind seitens der Zahnärzte und der Patienten auf die Partner dieser Beziehung dargestellt worden. Zahnärzte beschreiben etwa 20 % ihrer Patienten als sog. Problempatienten [[1]]. Als sehr unterschiedliche Problembereiche wurden dabei angegeben: die Angst des Patienten und die Noncompliance, auch bezüglich Nichteinhalten von Terminen oder Nichtbezahlen von Rechnungen.

  • Mit ihrem Zahnarzt waren 37 % der Patienten unzufrieden. Als häufige Probleme hierbei wurden benannt: schlecht ausgeführte oder ineffektive, bzw. auch als unnötig empfundene Behandlungen, unfreundliche bzw. unaufmerksame Betreuung durch den Zahnarzt oder dessen Mitarbeiter, zu hohe Rechnungen und lange Wartezeit. Wenn auch diese Studie schon fast historischen Charakter hat, so sind die Problembereiche nach wie vor aktuell.

Die Zahnarzt-Patienten-Beziehung wird grundlegend vom Kommunikationsstil geprägt. Bei Patienten, die mit der Kommunikation in ihrer Zahnarztpraxis zufrieden sind, konnten folgende positive Effekte nachgewiesen werden [[1]]:

deutliche Angstreduktion, weniger Schmerzäußerung, bessere Prothesenadaptation, Weiterempfehlung der Praxis im persönlichen Umfeld, weniger Regressansprüche.

Informed Consent

Das informierte Einverständnis des Patienten gilt heute als Grundlage jeder ärztlichen und zahnärztlichen Maßnahme. Um dies so zu erzielen, dass sowohl den juristischen Ansprüchen genüge getan als auch die Motivation des Patienten erhalten wird, ist ein hohes Maß an kommunikativer Fertigkeit notwendig. Weitere essenzielle Bedeutung erhält die ärztliche Gesprächsführung durch die zahnärztliche Beratungstätigkeit sowie die Erkenntnisse der psychosomatischen Medizin.

Die zunehmende Bedeutung der Prävention in der Zahnheilkunde sowie das immer differenzierter werdende Behandlungsangebot (z. B. die Versorgung mit Implantaten und deren Folgetherapien) führen dazu, dass die Beratungstätigkeit einen immer größeren Raum in der täglichen Arbeit des Zahnarztes einnimmt [[2]].

Psychosomatische Symptome

Chronische Schmerzzustände sowie Materialunverträglichkeiten im weiteren Sinne können auch psychische Ursachen haben, die nur im einfühlsamen Gespräch mit dem Patienten zu ermitteln sind [[3], [4], [5], [6], [7]]. Die Anzahl der Patienten mit psychosomatischen Beschwerden scheint in den zahnärztlichen Praxen zuzunehmen.

  • Von Bedeutung für das Erleben der Qualität einer Behandlungsmaßnahme ist auch der Placeboeffekt, also die durch Erwartung von Hilfe oder Heilung ausgelösten psychischen und physischen Effekte. Hierbei handelt es sich keineswegs um „Einbildung“, sondern um objektiv nachweisbare Phänomene wie z. B. die Senkung des Blutdrucks oder die Erhöhung der Schmerztoleranz [[8]].

  • Umgekehrt gibt es auch einen Noceboeffekt, so sind bei kontrollierten Medikamentenstudien eingesetzte Scheinmedikamente auch mit einem Anstieg verschiedener Körpersymptome als Nebenwirkung behaftet.

  • In der Kommunikation mit dem Patienten ist es also von Bedeutung, positive Erwartungen aufzubauen und negative zu verhindern, um damit z. B. Schmerzerleben oder Symptome von Materialunverträglichkeit im weiteren Sinne zu reduzieren.

Merke: Insgesamt kann man feststellen, dass die Zahnarzt-Patienten-Beziehung in ihren verschiedenen Dimensionen grundlegend vom Kommunikationsstil geprägt wird.

Aber auch die Arbeitszufriedenheit von Zahnarzt und Assistenzpersonal ist in hohem Maße von guter Kommunikation abhängig. Nachfolgend werden Grundlagen der Kommunikation sowie konkrete Beispiele
patientenzentrierter und teamzentrierter Kommunikation dargestellt.

Literatur

  • 1 Ingersoll B D. Psychologische Aspekte der Zahnheilkunde.. Berlin: Quintessenz; 1987
  • 2 Bartsch A, Witt E. Patientencompliance in der Zahnheilkunde.. Hannover: Schlütersche; 2003
  • 3 Marxkors R, Müller-Fahlbusch H. Psychogene Prothesenunverträglichkeit.. München, Wien: Carl Hanser-Verlag; 1976
  • 4 Schmalz G, Arenholt-Bindslev D. Biokompatibilität zahnärztlicher Werkstoffe.. München: Urban & Fischer; 2005
  • 5 Köllner V, Klau R, Reitemeier B. Psychosomatische Aspekte bei dentaler Materialunverträglichkeit.  ZWR. 2008;  117 114-120
  • 6 Reitemeier B. Materialunverträglichkeiten: Ergebnisse und Erfahrungen interdiszipliner Diagnostik.  ZMK. 2009;  25 196-205
  • 7 Wolowski A, Enkling N, Körber G, Staehle I. Psychosomatik in der Zahnmedizin.  Zahnmedizin up2date. 2009;  3 83-107
  • 8 Langewitz W Uexküll T von. Das Placebo-Phänomen.. Adler R H, Herrmann J M, Köhle K, Langewitz W, Schonecke O W, von Uexküll T, Hrsg. Psychosomatische Medizin.. München: Urban & Fischer; 2003: 311-320
  • 9 Schulz von Thun F. Miteinander reden – Band 1: Störungen und Klärungen.. Reinbek: Rowohlt; 1981
  • 10 Watzlawick P, Beavin J, Jackson D. Menschliche Kommunikation – Formen, Störungen, Paradoxien.. Bern: Hans Huber Verlag; 1985
  • 11 Rinke K, Rinke S. Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte.  Dentalspiegel. 2000;  20 36-39
  • 12 Braunwarth J. Digitale Bildkommunikation und ihre Möglichkeiten in der Zahntechnik. Teil 1: Kommunikation zwischen Labor und Praxis.  dental labor. 1998;  46 71-74
  • 24 Köllner V, Reitemeier B. Grundlagen der Kommunikation.. Reitemeier B, Schwenzer N, Ehrenfeld M, Hrsg. Einführung in die Zahnmedizin.. Stuttgart: Thieme; 2006: 52-57
  • 13 Rinke K. Problempatienten? – Herausforderungen!.  Quintessenz. 2003;  54 317-320
  • 14 Rinke K. Service inbegriffen! Die Zahnarztpraxis als Dienstleistungsunternehmen.. Berlin: Quintessenz; 2005
  • 16 Klages U, Sergl H G. Kommunikation in der Zahnarztpraxis.. Sergl H G, Hrsg. Psychologie und Psychosomatik in der Zahnheilkunde.. München: Urban & Schwarzenberg; 1996
  • 15 Langewitz W. Arzt-Patient-Kommunikation und die Verbesserung der Selbst-Effizienz der Patienten.. Köllner V, Broda M, Hrsg. Praktische Verhaltensmedizin.. Stuttgart: Thieme; 2005: 44-52
  • 17 Nemec S. Mitarbeiterführung: gewissenhaft und persönlich.  Dtsch Zahnärztl Z. 2009;  64 455-457
  • 18 Hagemann G. Die Hohe Schule der Motivation: materielle Reize, offene Kommunikation, Mitwirkung.. Landsberg/Lech: Verlag Moderne Industrie; 1993
  • 19 Hendriks J, Schneller T. Patientenführung, Beratung und Motivierung in der Zahnarztpraxis.. Berlin: Quintessenz; 1992
  • 20 Mannebach H. Reflexionen über den „Guten Arzt“.  Z f Gesundheitswiss. 2001;  9 85-94
  • 28 Reitemeier B, Köllner V. Kommunikationstraining in der vorklinischen zahnärztlichen Ausbildung.  Dtsch Zahnärztl Z. 2003;  58 286-289

Weiterführende Literatur

  • 021 Birner U. Psychologie in der Zahnmedizin – Über das Erleben und Verhalten von Menschen in der zahnärztlichen Praxis.. Berlin: Quintessenz; 1993
  • 022 Enkling N, Sartory G, Marwinski G et al. Zahnbehandlungsangst, Zahnbehandlungsphobie.  Zahnärztl Mitt. 2005;  95 1650-1654
  • 023 Köllner V. Grundlagen.. Köllner V, Broda M, Hrsg. Praktische Verhaltensmedizin.. Stuttgart: Thieme; 2005: 3-15
  • 025 Kruse D. Vom richtigen Umgang mit schwierigen Patienten.  Zahnärztl Mitt. 2009;  99 2144-2146
  • 026 Müller-Fahlbusch H, Marxkors R. Zahnärztliche Psychagogik.. München-Wien: Carl Hanser Verlag; 1981
  • 027 Nickel R. Zahnärztliche Gesprächsführung von der Anamnese bis zur Aufklärung.  Zahnärztl Mitt. 2006;  96 3050-3054
  • 029 Rinke K. Erfolgreiche Gesprächsführung: Der Patient als Partner.  Quintessenz. 2001;  52 925-929
  • 030 Rinke K. Bitte weit öffnen! Das Kommunikationsbuch für die Zahnarztpraxis.. Berlin: Quintessenz; 2003
  • 031 Scheuermann K. Das Telefon – Visitenkarte des Unternehmens.  Dentalspiegel. 2002;  22 18-21
  • 032 Seidel C. Die Zahnarzthelferin als Kommunikationspartnerin in der Praxis.  ZMK. 1999;  15 650-652
  • 033 Sondell K, Söderfeldt B, Palmquist S. Dentist-patient-communication and patient satisfaction in prosthetic dentistry.  Int J Prosthodont. 2002;  15 28-37
  • 034 Speidel H. Der fordernde Patient. Kommunikation und Kommunikationsstörungen.  ZMK. 2005;  21 572-578
  • 035 Thill K D. Dienstleistung beginnt am Telefon.  Frauenarzt. 2005;  46 158-160
  • 036 Traupe C. Der gute Ton am Telefon.  Zahnärztl Mitt. 1999;  89 410-411

Prof. Dr. Bernd Reitemeier

Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik
Zentrum für ZMK-Heilkunde
Universitätsklinikum Dresden

Fetscherstraße 74

01307 Dresden

Phone: 03 51/458-42 31

Email: bernd.reitemeier@uniklinikum-dresden.de

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