Zeitschrift für Phytotherapie 2009; 30 - V25
DOI: 10.1055/s-0029-1239868

Wie spezifisch müssen Extraktionsmittel sein?

B Meier 1
  • 1Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften, 8860 Wädenswil, Schweiz

Die Auffassungen bezüglich Extraktionsmitteln für die Herstellung vergleichbarer pflanzlicher Zubereitungen könnten unterschiedlicher nicht sein: Zulassungsbehörden bezeichnen gelegentlich marginale Differenzen als relevant, analytische Untersuchungen zeigen eher das Gegenteil. Die Extraktmonografien der Europäischen Pharmakopöe sind sehr offen formuliert: Bei wässrig/alkanolischen Trockenextrakten sind in einigen Fällen erhebliche Bandbreiten eines Extraktionsmittels zugelassen, teilweise werden Ethanol und Methanol gleichgestellt, mitunter wird sogar (heißes) Wasser in die Monografie mit einbezogen.

Das Beispiel von Johanniskraut zeigt, dass die überholt scheinende Tradition, die Wirksamkeit der Pflanze zuzuordnen und nur bedingt den einzelnen Zubereitungen wohl doch nicht so falsch ist. Verschiedene Extrakte zeigten in den zahlreichen klinischen Studien regelmäßig eine vergleichbare Wirksamkeit. Phytochemisch ist das durchaus nachvollziehbar. Ob mit Ethanol oder Methanol extrahiert, ob mit frischen oder getrockneten Pflanzen als Ausgangsmaterial gearbeitet wird: Der DC- und HPLC-Fingerprint für Johanniskraut zeigt qualitativ ein ziemlich konstantes Bild, vom Sonderfall Hyperforin abgesehen.

Für zahlreiche Stoffe des sekundären Pflanzenstoffwechsels – so insbesondere Flavonoidglykoside – die zur Definition der Qualität von vielen Extrakten beigezogen werden, erweist sich die Extraktionskraft der bewährten alkanolischen Extraktionsmittel als wenig unterschiedlich, d.h. die Löslichkeit vieler dieser Naturstoffe in Ethanol/Wasser- und Methanol/Wasser-Mischungen hängt nur beschränkt von der prozentualen Zusammensetzung dieser Lösungsmittel ab. Dementsprechend resultieren vergleichbare Fingerprint-Chromatogramme trotz unterschiedlicher Parameter. Offen lassen die neuen Extraktmonografien der Europäischen Pharmakopöe auch das Extraktionsverfahren. Zu Recht, denn Unterschiede zwischen Perkolation und Mazeration können zwar in der Quantität, jedoch nur selten beim phytochemischen Fingerprint ermittelt werden.

Anhand eigener Untersuchungen werden die Ansätze der Europäischen Pharmakopöe – voraussichtlich für Olivenblatt-, Artischocken-, Harpagophytum-, Capsicum- und Melissentrockenextrakte – erläutert und dokumentiert.