Zeitschrift für Phytotherapie 2009; 30 - V05
DOI: 10.1055/s-0029-1239848

Einsatz von Phytopharmaka in ausgewählten nordrheinwestfälischen Kliniken

AM Beer 1, A Galdobina 1, S Geitz 1
  • 1Lehrbereich für Naturheilkunde und Gesundheitsprävention, Ruhr-Universität Bochum; Abteilung Naturheilkunde, Klinik Blankenstein, Hattingen

Hintergrund: Bisher gibt es nur wenige Untersuchungen zur Versorgungswirklichkeit mit Phytopharmaka in Krankenhäusern. Ziel unserer Umfrage war es, zu zeigen ob, inwieweit und bei welchen Indikationen Phytopharmaka in Krankenhäusern, mit und ohne Integration von Naturheilverfahren in den Versorgungsalltag, in medizinische Behandlungen einbezogen werden.

Methoden: Zur Auswertung wurden die Abgabezahlen der Krankenhausapotheken von 4 exemplarisch ausgewählten Klinikkonzernen mit insgesamt 17 Krankenhäusern im Zeitraum Januar 2007 bis Februar 2009 herangezogen. Die dort eingesetzten Phytopharmaka wurden in tabellarischer Form aufgearbeitet und in 24 verschiedene Indikationsgruppen unterteilt. Dabei wurden die Anwendungszahlen hinsichtlich fach- und klinikbezogener Zusammenhänge untersucht. Weiterhin wurde die Anwendung der konventionellen Abteilungen der Selbstmedikation des medizinischen Personals (Personalkauf), einer spezialisierten Naturheilkunde-Abteilung und einem Krankenhaus, welches im Außenverhältnis damit wirbt, die Naturheilkunde obligat in ihre konventionellen Therapien mit einzubeziehen, gegenübergestellt.

Ergebnisse: Am häufigsten und von fast allen Abteilungen wurden Präparate der Gruppe „Sedativa/Hypnotika“ verordnet. Des Weiteren ist eine breite Anwendung bei pflanzlichen Urologika, Rhinologika, Expektoranzien und Antitussiva festzustellen. In Bezug auf die Indikationen sind die in der Abteilung Naturheilkunde am häufigsten verordneten Präparate mit den in konventionellen Abteilungen gängigsten Präparaten deckungsgleich. Bemerkenswert ist jedoch, dass Antirheumatika, welche in der Abteilung Naturheilkunde die am häufigsten angewandten Präparate darstellen, in der konventionellen Medizin nahezu nicht berücksichtigt wurden, auch nicht im Fachbereich Rheumatologie, von dem wir 2 Abteilungen auswerten konnten. Darüber hinaus konnten weder zwischen den verschiedenen Fachrichtungen, noch zwischen gleichen Fachrichtungen verschiedener Klinikkonzerne strukturiert auswertbare Zusammenhänge bezogen auf die Abgabezahlen erfasst werden. Trotz der derzeitigen Erstattungsfähigkeit von 4 Phytopharmaka durch die gesetzliche Krankenversicherung ist die Verordnung dieser Wirkstoffgruppen nicht auffällig gegenüber den anderen Indikationen gesteigert.

Diskussion: Gewisse Präparate, darunter vor allem Hypnotika/Sedativa, aber auch pflanzliche Antitussiva/Expektoranzien, Rhinologika und Urologika werden, trotz der fehlenden Möglichkeit der ambulanten Kostenerstattung, regelmäßig und meist häufiger verordnet als die derzeit 4 verordnungsfähigen Phytopharmaka mit Ausnahme von Antidementiva. Es wird weniger darauf geachtet, bevorzugt die erstattungsfähigen Phytopharmaka mit der Option einer Verschreibung durch den niedergelassenen Arzt nach der Krankenhausentlassung zu verordnen. Die Anwendung scheint vielmehr vom tätigen Arzt nach Bedarf und Erfahrung abhängig zu sein. Unabhängig davon fällt auf, dass die Personalverkaufszahlen mehr als ein Drittel aller Abgabezahlen ausmachen. Wie zu erwarten, lagen die Abgabezahlen in den befragten Abteilungen für Naturheilkunde sowie dem naturheilkundlich zugewandten Krankenhaus höher als in konventionell tätigen Abteilungen. Die Häufigkeit der Anwendungen von Phytopharmaka im Klinikalltag in der stationären Versorgung ist als noch steigerungsfähig zu bewerten.