Gesundheitswesen 2009; 71 - A196
DOI: 10.1055/s-0029-1239246

Zweistufige Versorgungsanalyse mit QIP: Eine Methodik für das qualitätsorientierte Screening von Interventionen der Prävention und Gesundheitsförderung

T Kliche 1, M Post 1
  • 1Medizinische Psychologie, Forschungsgruppe Versorgung und Qualität in der Prävention, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Die Angebotsseite in Versorgungsanalysen wird häufig durch Schneeballbefragungen von Einrichtungen erhoben. Schwächen dieses Vorgehens liegen jedoch in der Selbstselektion der Stichproben und der Antwortverzerrung zugunsten positiver Selbstdarstellung. Die zweistufige Versorgungsanalyse stellt eine ökonomische Alternative dar. Sie wurde im Auftrag der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) entwickelt.

Das Vorgehen beruht auf den 28 evidenzgestützten Qualitätsdimensionen von QIP („Qualität in der Prävention“). QIP ist ein evidenzgestütztes Qualitätsinformationssystem, 2001–2007 entwickelt und in umfangreichen Feldversuchen auf wissenschaftliche Gütekriterien getestet (namentlich Interrater-Reliabiltität, Validität und Brauchbarkeitskriterien). In der ersten Stufe der Versorgungsanalyse wird aus den 28 Qualitätsdimensionen von QIP, ergänzt um aktuelle Evidenz, expertenbegleitet ein Kurzbogen zentraler Struktur-, Prozess- und Outcome-Merkmale präventiver Programme und Projekte erstellt. Dieser Bogen wird in Vollerhebung oder in Stichproben versandt. Für Stichproben können verschiedene Verfahren zur Minimierung des Total Survey Error angewandt werden. In der zweiten Stufe der Versorgungsanalyse wird eine repräsentative oder quotierte Auswahl von Präventionsprojekten aus dem Rücklauf der ersten Stufe gebildet und einer vertieften Qualitätsanalyse mit QIP unterzogen. Die Datenerhebung für QIP erfolgt durch einen Dokumentationsbogen (etwa 20 Seiten), der für einzelne Handlungsfelder verkürzt werden kann. Die so gewonnenen Interventionsbeschreibungen werden einer kriteriengeleiteten, systematischen Begutachtung durch mind. drei geschulte Expert/-innen des Feldes unterzogen. Die Auswertung umfasst die Ergebnisse in den Qualitätsdimensionen des analysierten Projekts, Benchmarks aller Interventionen des jeweiligen Arbeitsfeldes (Mittelwerte, beste und schlechteste Werte) sowie ausführliche, praxisorientierte Empfehlungen der Gutachter/-innen.

Das Verfahren ist für alle Arten präventiver Interventionen geeignet (Programme, Einzel- und Settingprojekte, Kampagnen). Es wurde in mehreren bundesweiten Erhebungen eingesetzt: Angebote für übergewichtige und adipöse Kinder und Jugendliche, BeGKi (Bestandserhebung Gesundheitsförderung in Kitas) und Hilfsangebote für Essstörungen. An Beispielen wird demonstriert, wie die vertiefte Qualitätsanalyse zur Validierung oder Differenzierung der Einrichtungsbefragung herangezogen werden kann.

Literatur: Kliche, T., et al. (2006). Germany: preventive care for obese children and adolescents – qualities and deficiencies of programs and interventions. In A. Mathieson & T. Koller (Hrsg.), Addressing the socioeconomic determinants of healthy eating habits and physical activity levels among adolescents. http://www.euro.who.int/Document/e89375.pdf (S. 43–49). Copenhagen: WHO Regional Office of Europe/HBSC Forum.