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DOI: 10.1055/s-0029-1239189
Stresserleben und psychische Beeinträchtigungen bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED). Ergebnisse zur Validierung einer Kurzskala
Hintergrund: Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED: Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) sind charakterisiert durch entzündliche Schübe. Derzeit gibt es ca. 320.000 Betroffene in Deutschland. Im Verlauf ihrer Erkrankung sind diese mit Beeinträchtigungen ihrer körperlichen und psychischen Integrität, Aktivitäten und sozialen Teilhabe in unterschiedlicher Intensität konfrontiert. Für beide Krankheitsbilder zeigen Studienergebnisse, dass Stressbelastungen zu einer Krankheitsaktivierung führen können. [1, 2] In dieser Studie wurden Zusammenhänge erlebter Stressbelastungen zu gesundheitlichen und psychischen Beeinträchtigungen untersucht. Besondere Merkmale von CED-Patienten mit einer hohen erlebten Belastung durch Stress werden als mögliche Markervariablen geprüft.
Methoden: Für 1018 CED-Patienten, die bundesweit über spezialisierte ambulante Einrichtungen, Verbände und Anzeigen rekrutiert wurden, liegen Fragebogen-Daten zu erlebter Stressbelastung und allgemeinen sowie krankheitsassoziierten Belastungen (z.B. Angst, Depression) vor. Die Befragten (58% MC-Patienten, 65% Frauen) sind durchschnittlich 42±13 Jahre alt, die mittlere Erkrankungsdauer liegt bei 13±9 Jahren.
Ergebnisse: Anhand einer faktoriell geprüften Skala konnten Gruppen mit geringer, mittlerer und hoher erlebter Stressbelastung identifiziert werden. 25% der Befragten berichten eine hohe Stressbelastung. Es zeigten sich deutliche Zusammenhänge mit den Diagnose-Kriterien eines Screeninginstruments (HADS)[3] für Angst (r=.540**) und Depression (r=.423**). Betroffene mit hoher Stressbelastung weisen einen mittleren Summenwert von 10,9±3,9 für die Angst-Skala und von 8,2±4,3 Punkten bei der Depressionsskala auf und unterscheiden sich deutlich von Betroffenen mit geringer Stressbelastung (5±3,4 Pkt., p=0,000 bzw. 3,6±3,4 Pkt, p=0,000). Stressbelastungen waren auch mit einem schlechteren allgemeinen Gesundheitszustand (C=.280***), der Häufigkeit von Schmerzen (C=.288***) und dem Leiden unter Schlafstörungen (C=.223***) verbunden. Soziodemographische und krankheitsbezogene Unterschiede oder Lebensstil spielen keine wesentliche Rolle für die erlebte Stressbelastung.
Schlussfolgerungen: Die gefundenen Zusammenhänge von Stresserleben zu gesundheitlichen und psychischen Belastungen zeigen einen wahrscheinlich hohen Bedarf für eine psychologische Mitbehandlung von CED-Patienten auf. Im Sinne der Sekundärprävention sollte künftig die Erfassung von Stresserleben und psychischen Belastungen in einer an den individuellen Problemen orientierten multidisziplinären Versorgung dieser Patienten Berücksichtigung finden.
Literatur: [1] Hoffmann JC, Preiss JC, Autschbach F et al. S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Morbus Crohn“. Ergebnisse einer Evidenz-basierten Konsensuskonferenz der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten zusammen mit dem Kompetenznetz Chronisch entzündliche Darmerkrankungen. Z Gastroenterol 2008;46(9):1094–146
[2] Hoffmann J, Zeitz M, Bischoff S et al. Diagnostik und Therapie der Colitis Ulcerosa: Ergebnisse einer evidenzbasierten Konsensuskonferenz der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen zusammen mit dem Kompetenznetz chronisch entzündliche Darmerkrankungen. Z Gastroenterol 2004;42(9):979–83
[3] Herrmann C, Buss U, Snaith RP. HADS-D Hospital Anxiety and Depression Scale – Deutsche Version. Ein Fragebogen zur Erfassung von Angst und Depressivität in der somatischen Medizin. Testdokumentation und Handanweisung. (1. Aufl.). Bern: Huber, 1995