Gesundheitswesen 2009; 71 - A132
DOI: 10.1055/s-0029-1239182

Freizeitaktivitäten im Ruhestand

U Hollneck 1, P Kropp 1, B Müller 1
  • 1HELIOS Klinikum Erfurt

Einleitung: Soziologische Befunde zum Freizeitverhalten beziehen sich vorwiegend auf das junge und mittlere Erwachsenenalter. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Lebenserwartung bei vergleichsweise guten Gesundheitszustand haben sich indes die Chancen für ein selbstbestimmtes und den individuellen Interessen und Bedürfnissen berücksichtigendes Leben im Alter erhöht. Im Beitrag werden daher folgende Fragestellungen untersucht: Wie viel Zeit steht Ruheständlern für Freizeitaktivitäten potentiell zur Verfügung? Welche Aktivitäten werden vorrangig ausgeübt? Besteht eine Beziehung zwischen Gesundheitszustand und Freizeitaktivitäten?

Methode: Zur Untersuchung der Fragestellung wurde auf Daten aus der „Interdisziplinären Längsschnittstudie des Erwachsenenalters“ (ILSE) zurückgegriffen. In die Auswertung gingen die Daten von n=552 Personen der Geburtskohorte 1930–32 (Heidelberg, Leipzig, Rostock) zweier Messzeitpunkte (t1: 1994; t2: 1998) ein. Zusätzlich wurden die Datensätze des dritten Messzeitpunktes aus der Rostocker Teilstichprobe ausgewertet (t3: 2004). Die Erhebung der Freizeitaktivitäten erfolgte mit einem standardisierten Fragebogen, der Gesundheitszustand wurde durch eine ärztliche Untersuchung festgestellt.

Ergebnisse: Erstens: Die Untersuchungsteilnehmer verfügen über 6–9,5 Stunden potentiell freier Zeit. Männern steht mehr Zeit zur Verfügung als Frauen.

Zweitens: An erster Stelle der Freizeitaktivitäten rangieren die der Informationsaufnahme/Unterhaltung, an zweiter Bewegungsaktivitäten und an dritter Stelle stehen soziale Kontakte, wobei Frauen hier mehr Zeit aufwenden als Männer. Zu Beginn des Ruhestands werden bisherige Aktivitäten zunächst beibehalten, dann aber zunehmend intensiviert. Im weiteren Verlauf bedingt die zunehmende Verschlechterung des Gesundheitszustands eine Reduktion von Freizeitaktivitäten; insbesondere außerhäuslicher und sportlicher.

Drittens: Ein verminderter objektiver Gesundheitszustand geht mit geringen außerhäuslichen und Bewegungsaktivitäten einher. Es sind v.a. Erkrankungen des Bewegungsapparates (chronische Schmerzen/Arthrose), Harnwegserkrankungen (Inkontinenz), und Atemwegserkrankungen, die Aktivitäten beschränken.

Diskussion: Freizeit stellt im Alter einen zentralen Lebensbereich dar, in dem sinn- und gemeinschaftsstiftende Erfahrungen gewonnen und das physische und psychische Wohlbefinden reguliert werden kann. Die konkrete Ausgestaltung der potentiell verfügbaren Zeit im Ruhestand ist von lebenszeitlich entstandenen Gewohnheiten, Interessen und Verhaltensweisen abhängig und wird durch Einbußen in der Gesundheit begrenzt.