Gesundheitswesen 2009; 71 - A74
DOI: 10.1055/s-0029-1239124

Berufsassozierte Beschwerden: Prävalenz und Verteilung 1998/99 und 2006

M Nübling 1
  • 1FFAS, Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin

Ziele: Haben sich im Zuge der Veränderungen in der Arbeitswelt auch die Gesamtprävalenz und die Verteilung berufsbezogener Beschwerden in den letzten knapp 10 Jahren verändert? Diese Fragestellung wird mit zwei großen repräsentativen Datensätzen analysiert: der BIBB/IAB- Strukturerhebung 1998/99 (>30.000 Befragte) und der BIBB/BAuA- Erhebung 2006 (20.000 Personen).

Methoden: Sowohl 1998/99 als auch 2006 wurde eine Liste mit 21 Einzelbeschwerden im dichotomen Antwortformat (tritt häufig im Zusammenhang mit der Arbeit auf: ja – nein) vorgelegt. Der Vergleich der Prävalenzraten zeigt generelle zeitliche Veränderungen auf. Zudem wird geprüft, ob Veränderungen in der relativen berufsgruppenbezogenen Beschwerdensituation erfolgt sind.

Ergebnisse: Gesamtprävalenz: Mit Ausnahme der „sonstigen Beschwerden“ ist die angegebene Prävalenz aller erfragten Symptome im Zeitverlauf angestiegen; am stärksten mit >15% an absolutem Zuwachs für die Nacken- und Schulterschmerzen (von 30% auf 46%), die allgemeine Müdigkeit/Mattigkeit (von 20% auf 44%) und die Nervosität/Reizbarkeit (von 13% auf 29%); relativ gesehen ist die Niedergeschlagenheit am stärksten gewachsen (von 5% auf 19%, also fast eine Vervierfachung). Der Mittelwert der sechs zum Index „psychische Beschwerden“ zusammengefassten Items (Hasselhorn/Nübling 2004) steigt von 11.8 auf 25.7 Punkte (0–100 Skala); der Anteil der stark betroffenen Personen mit 2 und mehr Beschwerden von 18% auf 42%.

Verteilung nach Berufsgruppen: Besonders stark von psychischen Beschwerden betroffen (2 und mehr Beschwerden) sind Lehrberufe und Berufe im Gesundheitswesen mit ORs um die 2; die Variation der Risikoerhöhungen gegenüber 1998 ist dabei nur gering.

Schlussfolgerung: Trotz der insgesamt starken Zuwächse im Zeitverlauf bei fast bei allen Beschwerden hat sich an der relativen Berufeposition bzgl. psychischer Beschwerden nur wenig verändert – es handelt sich also offensichtlich um eine kollektive Verschiebung hin zu höheren Prävalenzraten quer über alle Berufsgruppen.