Geburtshilfe Frauenheilkd 2009; 69 - A113
DOI: 10.1055/s-0029-1239029

Das prämenstruelle Syndrom zwischen Facts und Fiction – neue bevölkerungsbezogene Daten

S Tschudin 1, J Bitzer 1, P Coda 2, E Zemp 2
  • 1Frauenklinik/Universitätsspital Basel, Abtl. Gyn. Sozialmedizin u. Psychosomatik/Frauenklinik/Universitätsspital Basel
  • 2Institut für Sozial- und Präventivmedizin am Schweiz. Tropeninstitut, Assoziiertes Institut der Universität Basel

Fragestellung:

Gemäss vorliegender epidemiologischer Studien haben je nach verwendeter Definition bis zu 30% der Frauen ein prämenstruelles Syndrom (PMS), während bei 3–8% ein nach DSM IV-Kriterien klassifiziertes PMDD (Premenstrual Dysphoric Disorder) vorliegt. Die meisten bevölkerungsbezogenen Zahlen stammen aus den USA, je eine Studie mit epidemiologischen Daten aus Deutschland und der Schweiz beziehen sich nur auf eine bestimmte Altersgruppe oder fokussieren nicht explizit auf das PMS.

Ziel der vorliegenden Studie war es, die bevölkerungsbezogene Prävalenz prämenstrueller Symptome, des PMS und des PMDD von Frauen in der gesamten reproduktiven Altersspanne zu erheben und auf Assoziationen mit soziodemographischen Charakteristika, Gesundheitsverhalten und psychischer Befindlichkeit zu untersuchen.

Methode:

In den Fragebogenteil der fünften vom Bundesamt für Statistik durchgeführten repräsentativen Schweizerischen Gesundheitsbefragung wurde ein aus der englischen Originalsprache in die Landessprachen übersetztes und pilotiertes Screening-Tool zu Art und Intensität von PMS-Beschwerden (Steiner 2003) integriert. Es wurden gewichtete Prävalenzraten berechnet und mittels multivariater Regressionsanalysen Determinante der Outcome-Variablen PMS und PMDD untersucht.

Ergebnisse:

Von den insgesamt 3913 Frauen im Alter von 15–54 Jahren gaben 91% mindestens ein prämenstruelles Symptom an. Bei 3522 Frauen lagen alle für das Screening auf PMS/PMDD benötigten Angaben vor. Gut 10% erfüllten die Kriterien für ein PMS, 3% jene für ein PMDD. In der multivariaten Regression gingen Alter von 35–44 Jahren, Domizil in der italienischen Schweiz, keine Erwerbstätigkeit,, psychisch und physisch eingeschränkter Gesundheitszustand, früheres Rauchen und Konsum von psychoaktiven Medikamenten mit einer höheren PMS-Prävalenz einher. Für das PMDD war ausschließlich die reduzierte gesundheitliche Verfassung prädiktiv.

Schlussfolgerungen:

Bei gegen 15% der Frauen im reproduktiven Alter liegen behandlungsbedürftige prämenstruelle Beschwerden vor. Soziokulturelle Faktoren scheinen das Auftreten der Beschwerden mitzubestimmen. Aufgrund der vergleichsweise schlechteren physischen und psychischen Verfassung von Frauen mit PMDD ist bei ihnen von einer umfassenderen zugrunde liegenden Vulnerabilität auszugehen.