Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P753
DOI: 10.1055/s-0029-1238846

Therapeutische Kommunikation statt Narkose oder Analgosedierung bei THS

C Kerscher 1, E Hansen 1, B Graf 1, J Schlaier 1, A Janzen 1, M Lange 1
  • 1Regensburg

Fragestellung: Die bilaterale Elektrodenimplantation zur tiefen Hirnstimulation bei Parkinsonpatienten wird als WachOP in Schlaf-Wach-Schlaf-Technik empfohlen. Allerdings gefährden Narkoseüberhang oder Analgosedierung Atmung und Kreislauf, sowie ein unruhiges Aufwachen die Fixierung im stereotaktischen Rahmen. Vor allem aber können die verwendeten zentralwirksamen Medikamente die Kooperation des Patienten bei der Teststimulation, die Qualität der Mikroelektrodenableitungen und die Erkennung von unerwünschten Stimulationseffekten beeinträchtigen. Wir sind daher dazu übergegangen, auf den Einsatz von Opioiden und Sedativa weitgehend oder ganz zu verzichten und die Wachoperation unter Regionalanästhesie und „Therapeutischer Kommunikation“ durchzuführen.

Methoden: Vor Anlage des Stereotaxierings wird eine craniale Leitungsblockade der Nn. supraorbitalis, supratrochlearis, auriculotemporalis, occipitalis major und occipitalis minor beidseits mit Ropivacain durchgeführt. Die Therapeutische Kommunikation basiert auf der Vermeidung von Negativsuggestionen und einer kommunikationsbasierten Patientenbegleitung und -führung durch den Anästhesisten. Dabei wird dem Patienten ein Rückzug an einen „safe place“ (z.B. Garten, Bergwanderung, Südseestrand) und ein „reframing“ der Bohrgeräusche (z.B. als Motorrad, Rasenmäher, Hubschrauber) angeboten, sowie verbal und non-verbal Begleitung versichert. Verglichen wurden OP-Dauer, Analgetikaverbrauch sowie Patientenverhalten und -komfort der letzten 19 Patienten unter dem herkömmlichen Verfahren mit den ersten 19 Patienten unter der neuen Methode.

Ergebnisse: Geschlechtsverteilung und mittleres Alter waren in beiden Gruppen vergleichbar. Mit Einführung der Kommunikationsmethode verringerte sich die durchschnittliche Operationszeit von 319±35 auf 233±21min. Der intraoperative Verbrauch von Propofol ging von durchschnittlich 148 auf 9mg zurück, der von Remifentanil von 0,62 auf 0,10mg, bei 4 Patienten ohne jeglicher Analgosedierung. Auch das Auftreten von Orientierungsstörungen, Agitiertheit oder hämodynamischen Instabilitäten war seltener, bei hoher Patientenzufriedenheit.

Schlussfolgerungen: Therapeutische Kommunikation als Begleitung stellt eine nicht-medikamentöse Alternative für die Elektrodenimplantation dar, die den Eingriff verträglicher macht und beschleunigt. Prospektive randomisierte Studien müssen klären, ob die Vermeidung zentralwirksamer Medikamente während der gesamten OP auch zu verbesserten Therapieerfolgen führt.