Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P747
DOI: 10.1055/s-0029-1238840

Migräne, partielle Anfälle und Wesensänderung bei Sjögren Syndrom

S Iglseder 1, C Eggers 1
  • 1Linz, A

Einleitung: Limbische Enzephalitiden sind eine sich in der Ätiologie weiter diversifizierende Ursache von Epilepsie und Psychosyndromen.

Kasuistik: Eine 28-jährige Krankenschwester stellte sich wegen einer progredienten Wesensänderung vor. Es bestanden Vergesslichkeit, Unkonzentriertheit und Fehlhandlungen am Arbeitsplatz. Erst retrospektiv waren rezidivierende, wenige Minuten dauernde olfaktorische Auren erinnerlich. Es kam zu Fehlhandlungen mit „Geisterfahren“ auf der Gegenspur der Autobahn und schließlich einem Verkehrsunfall ohne Fremdbeteiligung und Amnesie für den Unfallhergang. Vorbestehend war eine Migräne mit visuellen Auren und zwei Attacken pro Monat unter Topiramat. Die auswärtige und bei uns durchgeführte Diagnostik mit mehrfach wiederholtem MRT inkl. Epilepsiesequenzen, EEG und Schlafentzugs-EEG war unauffällig.

Im klinischen Befund bei uns fand sich eine deutliche Affektlabilität, eine Klebrigkeit im Kontakt und testpsychologisch Defizite im Arbeitsgedächtnis. Im Liquor fand sich eine deutliche Pleozytose mit 75Zellen/µl allerdings keine Banden. Die mikrobiologische Diagnostik war negativ, antineuronale oder Antikörper gegen VGKC waren nicht nachweisbar. Eine zweiwöchige probatorische Therapie mit Ceftriaxon und Aciclovir war erfolglos. Schließlich fanden sich mit hoch positiven ANAs, SSA- und SSB-Antikörpern, einer pathologischen Speicheldrüsenbiopsie und Sialografie eindeutige Hinweise für ein Sjögren-Syndrom, das allerdings extracerebral auch retrospektiv subklinisch war. Unter Cortison trat eine rasche und deutliche Besserung von Affekt und Gedächtnisleistung ein. Zeitgleich wurde Azathioprin angesetzt und Cortison über insgesamt 3 Monate ausgeschlichen. Im Verlauf zeigten sich neben anhaltender affektiver Stabilisierung auch ein Ausbleiben der Geruchsauren und Anfälle und eine deutliche Reduktion der Migräneattacken. Die Patientin konnte ihren Beruf wieder aufnehmen.

Diskussion: der Fall illustriert die Bedeutung der Autoimmundiagnostik auch bei fehlenden klinischen Hinweisen auf eine systemische Autoimmunkrankheit bei anderweitig nicht erklärbarem Bild einer limbischen Enzephalitis.