Wir berichten über einen 45-jährigen Mann, der nach mehrtägigen intensiven und letztlich
vorübergehenden Schmerzen im Bereich der linken Schulter und des linken Oberarmes
eine subakute, hochgradige schlaffe Lähmung der Fingerstrecker linksseitig entwickelte.
Klinisch fand sich eine isolierte hochgradige Parese der Fingerextensoren bei normalen
Reflexen und normaler Sensibilität.
Elektroneurografie und EMG bestätigten den klinischen Verdacht eines Interosseus-posterior-Syndromes
mit florider Denervierung in den entsprechenden Muskeln. Ein cervikales MRT zeigte
einen kleinen foraminalen Bandscheibenvorfall C6/7 linksseitig. Ein MRT des linken
Unterarmes zeigte ein leichtes Oedem in den Unterarmextensoren, welches wir als inaktivitätsinduziert
auffassten. Es ergaben sich keine Anhaltspunkte für eine mechanische Kompression des
Nervens im Bereich des Unterarmes. Borrelien- und Vaskulitisserologie waren negativ.
In Anbetracht der typischen Anamnese und des fehlenden Nachweises einer Nervenkompression
im MRT entschlossen wir uns unter der Diagnose einer atypischen neuralgischen Amyotrophie
zu einem konservativ-abwartenden Vorgehen unter Verzicht auf eine operative Exploration
des Nerven. Nach 24 Monaten kam es zu einer weitestgehenden Funktionsrestitution.
Das Interosseus-posterior-syndrom ist eine seltene Mononeuropathie im Bereich des
Armes und es existieren nur wenige beschriebene Fälle eines Interosseus-posterior-syndromes
als Folge einer Plexusneuritis. Unsere Kasuistik zeigt, dass bei typischer Anamnese
und negativem MR-Befund ein konservatives Vorgehen gerechtfertigt erscheint. Wir halten
es für gut möglich, dass ein Teil der unter dem Verdacht eines Nervenentrapments operativ
explorierten Fälle eines Interosseus posterior-Syndromes auf eine neuralgische Amyotrophie
mit eventuell atypischem Verlauf zurückzuführen ist.