Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P685
DOI: 10.1055/s-0029-1238778

Klinische Erfahrungen in der Eskalationstherapie der Multiplen Sklerose: Vor, während und nach der Therapie mit Natalizumab

A Winkelmann 1, R Benecke 1, UK Zettl 1
  • 1Rostock

Aufgrund des Wirkmechanismus und des Nebenwirkungsprofils von Natalizumab sind besondere Voraussetzungen und Sicherheitsmaßnahmen zu beachten.

Bei guter Verträglichkeit besteht ein geringes Risiko für Infusionsreaktionen und die Manifestation von Neoplasien oder opportunistischen Infektionen.

Die schwerwiegendste Nebenwirkung der Therapie ist die potentielle Entwicklung einer Progressiven Multifokalen Leukencephalopathie (PML), wie sie inzwischen auch unter einer Natalizumab-Monotherapie bei 5 Patienten (Stand 03/09) beschrieben wurde.

Bei 42 MS-Patienten begannen wir eine Natalizumabtherapie. Vor Therapie erfolgt eine gezielte Neoplasiesuche und Evaluierung der Immunkompetenz. Nach Therapieinitiierung erfolgen regelmäßige klinisch-neurologische Verlaufskontrollen.

Erfasst werden Vortherapien, Schubereignisse, Therapiedauer, Nebenwirkungen, Infusionsreaktionen und der Status hinsichtlich neutralisierender Antikörper (nAB).

Im Falle einer Therapieumstellung erfolgt eine Weiterbeobachtung der Krankheitsaktivität.

In Übereinstimmung mit zulassungsrelevanten Daten zeigt sich auch in unserer Patientenkohorte eine effektive Senkung der Schubrate. Drei unserer Patienten (7,1%) entwickelten übereinstimmend mit Literaturangaben persistierende nAB. Bei insgesamt nur wenigen und geringradigen Nebenwirkungen liegt die Anzahl an unerwünschten Ereignissen leicht höher als vorbeschrieben.

Bislang wurden keine Neoplasien unter der Therapie detektiert. Ein PML-Verdacht konnte entkräftet und als organische Persönlichkeits- und Verhaltensstörung diagnostiziert werden.

Unser Management von Nebenwirkungen und unsere Strategien bei Therapieversagen werden dargestellt. Klinische Aspekte unter Anschlusstherapien werden aufgegriffen.

Natalizumab ist sehr wirksam und gut verträglich. Infusionsreaktionen sind in der Regel Hinweis auf die Ausbildung von persistierenden nAB, was eine Therapieumstellung nach sich ziehen sollte.

Bereits vor und während der Therapie bestehen besondere logistische Anforderungen. Dies gilt vor allem bei Verdacht auf eine PML-Manifestation oder auf die Entwicklung von persistierenden nAB.

Regelmäßige umfassende klinische Kontrollen sind indiziert. Augenmerk muss auf Neoplasien und Infektionen gelegt werden und ggf. eine weiterführende Abklärung veranlasst werden.

Eine klinische Nachbeobachtung der Patienten nach Absetzten der Therapie ist dringend erforderlich. Zusammenfassend wird daher die Therapie mit Natalizumab nur an spezialisierten Zentren angeraten.