Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P665
DOI: 10.1055/s-0029-1238758

Serum von mit Interferon β behandelten MS-Patienten führt zu einer Stabilisierung der Blut-Hirn-Schranke in vitro

M Müller 1, A Frese 1, I Nassenstein 1, M Hoppen 1, M Marziniak 1, EB Ringelstein 1, KS Kim 1, WR Schäbitz 1, J Kraus 1
  • 1Bonn, Münster; Baltimore, USA; Salzburg, A

Einleitung: Ausgangspunkt für die Studie war der Nachweis eines stabilisierenden Effekts von Interferon β (IFN β) auf die Blut-Hirn-Schranke (BHS) im in vitro Modells. In der aktuellen Studie sollte überprüft werden, ob Serum von Patienten mit Multipler Sklerose (MS), die mit IFN β-1b (Betaferon®) behandelt werden, zu einem stabilisierenden Effekt im BHS-Modell führt. Postuliert wird dabei, dass bei MS-Patienten ein bisher nicht bekannter, entzündlicher Serumfaktor existiert, der zu einer BHS-Schädigung führt und dessen negativer Effekt auf die BHS durch die Gabe von IFN β-1b sowohl in vivo also auch in vitro antagonisiert werden kann.

Methoden: Als Testsystem diente ein neu etabliertes in vitro Modell, bei dem immortalisierte humane mikrovaskuläre Hirnendothelzellen durch eine Kokultur mit Rattenastrozyten eine dichte Permeabilitätsbarriere für 3H-Inulin und 14C-Sucrose ähnlich der in vivo Situation an der BHS aufbauen. In die Studie wurden 30 MS-Patienten (davon je 15 unter und 15 vor einer Betaferon®-Therapie) und 15 Gesunde eingeschlossen.

Ergebnisse: Nach Zugabe von Serum der mit IFN β-1b behandelten Patienten zum Bioassay-System zeigte sich eine signifikant (p<0,05) verminderte Permeabilität im Vergleich zu Serum von unbehandelten MS-Patienten. Dies entspricht einer BHS-Stabilisierung im in vitro Modell unter IFN β-1b-Therapie. Zudem fand sich bei acht mit IFN β-1b behandelten Patienten eine verminderte Permeabilität im BHS-Modell im Vergleich zu den unbehandelten MS-Patienten, wohingegen sich bei vier Patienten aus der Therapiegruppe kein wesentlicher Unterschied zur unbehandelten Kontrollgruppe zeigte. Vermutlich auf Grund der geringen Fallzahl sowie einem relativ einheitlichem MS-Patientenkollektiv ließ sich kein statistisch nachweisbarer Zusammenhang zwischen Permeabilitätswerten im BHS-Modell sowie klinischen und neuroradiologischen Parametern erheben.

Diskussion: Unsere Untersuchungen zeigen die prinzipielle Verwendbarkeit des in vitro BHS-Modells als Bioassay für humanes Serum. Zudem ergeben sich Hinweise auf einen mithilfe des Bioassays indirekt nachweisbaren, stabilisierenden Einfluss einer IFN β-1b-Therapie auf die BHS. Ein mögliches Fernziel ist die Etablierung eines humanen in vitro BHS-Testsystems als Bioassay zur frühzeitigen Evaluierung des individuellen Ansprechens von MS-Patienten auf eine Therapie mit IFN β-1b.

Diese Studie wurde unterstützt von Bayer Vital GmbH, Leverkusen.