Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P649
DOI: 10.1055/s-0029-1238742

Zwei Fälle von isolierter beidseitiger Parese des N. hypoglossus durch Metastasierung der Schädelbasis

R Reuß 1, P Oschmann 1, D Heinz 1, G Pollmeier 1, H Kirchen 1, U Hofstadt-van Oy 1
  • 1Bayreuth, Trier

Hintergrund: Der N. hypoglossus innerviert rein motorisch die Zungenmuskulatur. Er verlässt die Medulla oblongata unterhalb der Olive nach lateral und den Schädel durch den Canalis hypoglossi hinter der A.carotis interna, kreuzt die A. carotis externa und verläuft zur Zungenmuskulatur. Die seltene isolierte beidseitige Parese der Nn. hypoglossi tritt am häufigsten bei Schädelbasisfrakturen, iatrogen im Rahmen von Operationen, Intubationen und bei Bestrahlungen auf. Weitere Ursachen sind beidseitige Dissektionen der Aa. carotides internae, rheumatische Erkrankungen oder Knochenmetastasen der Schädelbasis.

Zwei Fallberichte: Eine an einem Mammakarzinom mit ossärer, pulmonaler und hepatischer Metastasierung erkrankte Patientin berichtete über zunehmende Dysarthrie und Dysphagie seit einigen Wochen. Klinisch lag isoliert eine beidseitige atrophe Zungenparese mit Fibrillationen und Dysarthrie vor. Im Liquor fand sich 1 Zelle/ul bei einem Gesamteiweiss von 79mg/dl. Eine single photon emission computertomography (SPECT) mit Tc 99m-HDP zeigte eine Metastasierung der Schädelbasis, während CT und MRT eine normale Schädelbasis- und Hirnstamm-Anatomie zeigten. Im EMG fanden sich im M.genioglossus Zeichen der floriden Denervierung, das maximale Muster war gelichtet mit sehr hochfrequenter Rekrutierung der niedrigamplitudigen MAP.

Die zweite, bisher gesunde Patientin klagte über eine Sprech- und Schluckstörung sowie Gewichtsabnahme, klinisch fand sich eine atrophe bds. Zungenparese mit Fibrillationen. Wieder fand sich nur in der SPECT eine ausgedehnte Mehranreicherung der Schädelbasis sowie in der Knochenszintigrafie eine multiple Metastasierung. Das Beckenkammpunktat zeigte bei fast komplett verdrängter Haematopoese Zellverbände eines geringdifferenzierten Karzinoms mit Zeichen einer neuroendokrinen Differenzierung passend zu einem kleinzelligen Bronchialkarzinom.

Diskussion: Eine isoliert auftretende beidseitige Parese der Nn. hypoglossi kann auch bei negativem CT bzw. MRT der Schädelbasis auf eine ausgedehnte Infiltration der Schädelbasis durch Metastasen hinweisen. Wir konnten jeweils mittels SPECT eine Metastasierung der Schädelbasis durch ein bereits bekanntes Mamma-Karzinom bzw. durch ein okkultes kleinzelliges Bronchialkarzinom belegen. Diese führte bei unseren Patientinnen zu einer beidseitigen Kompression der Nn.hypoglossi in den Canales hypoglossi.