Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P597
DOI: 10.1055/s-0029-1238690

Hyperosmolares Koma durch Hypernatriämie: Differenzialdiagnostik und intensivtherapeutisches Management

C Preul 1, S Lang 1, OW Witte 1, G Hagemann 1
  • 1Jena

Einleitung: Neurologische Symptome einer Hypernatriämie sind u.a. Verwirrtheitszustände, Hyperreflexie, Koma, epileptische Anfälle und Sinusvenenthrombosen. Abhängig von der Geschwindigkeit der Entwicklung der Hypernatriämie kommt es zur zellulären Dehydrierung durch Flüssigkeitsverschiebungen nach extrazellulär. Anhand eines ungewöhnlichen klinischen Falles werden Differenzialdiagnostik und intensivtherapeutisches Management der Hypernatriämie diskutiert.

Kasuistik: Berichtet wird der Fall eines 51-jährigen, chronisch alkoholkranken Patienten mit Leberzirrhose, der desorientiert und mit allgemeiner Kraftminderung im betreuten Wohnen aufgefunden wurde. Die initiale neurologische Untersuchung ergab kein sicheres fokales Defizit, aber den Verdacht auf eine proximale betonte allgemeine Schwäche. Die MER an den unteren Extremitäten waren abgeschwächt. Das Serumnatrium lag im Normbereich. Die Leberwerte waren deutlich erhöht. Am 6. Behandlungstag entwickelte der Patient das Vollbild eines septischen Schocks und wurde komatös. Das Serum- Natrium stieg bis auf 186mmol/l.

Im cMRT zeigte sich ein Normalbefund bis auf eine balancierte innere und äußere Atrophie. Neurologisch fand sich im Verlauf eine proximal betonte Paraparese der Beine, eine Dysphagie und eine schwere Vigilanzstörung. Durch langsamen Ausgleich der Hypernatriämie und Behandlung der Sepsis erholte sich der Patient bis zum status ante. Ein Verlaufs- MRT zeigte keine neuen Auffälligkeiten.

Die Mutter des Patienten besuchte ihren Sohn ein einziges Mal. Als sie sich verabschiedete, fiel dem Dienstarzt das Gowers- Zeichen auf (Abstützen mit den Händen auf den Oberschenkeln zum Aufrichten in den Stand). Bei Ihr und dem Sohn war eine proximale myotone Myopathie (PROMM) diagnostiziert worden, welche die Paraparese und die abgeschwächgten Muskeleigenreflexe gut erklärt. Elektrophysiologisch fand sich kein Anhalt für eine Polyneuropathie.

Schlussfolgerung: Die Kasuisitik zeigt den Fall einer infektgetriggerten Verschlechterung einer PROMM bei Alkoholkrankheit mit massiver Hypernatriämie. Der Fall ist insofern besonders, als eine so ausgeprägte Elektrolytentgleisung selten überlebt wird. Der Zusammenhang zwischen der PROMM und der Elektrolytstörung bleibt unklar.