Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P553
DOI: 10.1055/s-0029-1238647

Acetylsalicylsäure im Vergleich zu Placebo und weiteren Analgetika zur Behandlung von Migräneattacken. Systematischer Review und Metaanalyse

P Schnell-Inderst 1, HC Diener 1, D Niebuhr 1, K Grabein 1, J Wasem 1
  • 1Hall, A; Essen, Fulda

Einleitung: Migräneattacken schränken Lebensqualität und Funktionsfähigkeit der Betroffenen stark ein. Die Erkrankung betrifft überwiegend Menschen im erwerbstätigen Alter und ist durch den Migräne-bedingten Produktivitätsverlust von ökonomischer Bedeutung. Die Prävalenz wird bei Männern auf ca. 6%, bei Frauen auf ca. 12% bis zu 25% im Alter von 35–40 Jahren geschätzt. Die Behandlung akuter Migräneattacken zielt auf schnelle Wiederherstellung der normalen Funktionsfähigkeit. Eine Reihe von Schmerzmitteln mit verschiedenen pharmakologischen Wirkmechanismen steht zur Verfügung. Nonsteroidale rezeptfreie Analgetika wie Acetylsalicylsäure (ASS) könnten dabei ähnlich wirksam sein wie hochpotente rezeptpflichtige Triptane.

Fragestellung: Ziel war es, einen systematischen Review zur Wirksamkeit und Sicherheit von ASS zur Akutbehandlung von Migräneattacken durchzuführen.

Methoden: Eingeschlossen wurden randomisierte kontrollierte Studien mit Migränepatienten nach den Kriterien der International Headache Society. Rezeptfreie Darreichungsformen von ASS mit Placebo oder anderen rezeptfreien Analgetika oder Triptanen sollten verglichen werden. Es wurde eine systematische Literaturrecherche in biomedizinischen Datenbanken durchgeführt, zusätzlich standen Studienprotokolle von veröffentlichten und unveröffentlichten Studien zur Verfügung. Der Literaturreview wurde nach den Methoden der evidenzbasierten Medizin durchgeführt. In Metaanalysen wurden als Effektmaße Risikodifferenzen und 95%-Konfdenzintervalle (95%-KI) mit RevMan 5.0.17 berechnet.

Ergebnisse: Es wurden neun Studien eingeschlossen. Die methodische Qualität der Studien war adäquat. Die Risikodifferenz (RD) zugunsten von ASA im Vergleich zu Placebo betrug für die Linderung des Kopfschmerzes nach zwei Stunden (8 Studien) 17% (95%-KI: 14–21), für Schmerzfreiheit nach 2 Stunden (6 Studien) 12% (9–16), für den erneuten Gebrauch von Schmerzmitteln (5 Studien) -21% (-25- -16) und bei der Linderung der Symptome Licht- und Lärmempfindlichkeit (6 Studien) je 13% (9–17). Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (alle Ereignisse) waren in der ASA-Gruppe statistisch signifikant höher als in der Placebogruppe RD=3% (1–6). Vergleiche zwischen ASS und anderen Analgetika wiesen geringe Unterschiede in der Wirksamkeit auf. Die Fallzahlen waren zu klein, um in diesem Bereich statistisch signifikante Unterschiede zu sichern.

Schlussfolgerung: Einzelne Migräneattacken können mit ASS wirksam behandelt werden.