Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P549
DOI: 10.1055/s-0029-1238643

Schlafbezogene Atemstörungen bei Patienten mit hereditären motorischen und sensiblen Neuropathien

M Boentert 1, K Knop 1, C Schuhmacher 1, A Okegwo 1, A Heidbreder 1, R Dziewas 1, P Young 1
  • 1Münster

Fragestellung: Bei Patienten mit der häufigsten genetischen Subform der HMSN (CMT1A) wurde eine erhöhte Prävalenz des obstruktiven Schlaf-Apnoe-Syndroms beschrieben. Ziel unserer Studie war es, unter Berücksichtigung anderer genetischer Subtypen der CMT eine größere Fallzahl hinsichtlich schlafbezogener Atemstörungen (SBAS) zu untersuchen.

Methoden: 39 erwachsene Patienten mit genetisch gesicherter CMT wurden polysomnographisch untersucht. 39 Patienten mit den Zuweisungsdiagnosen Insomnie, ZNS-Hypersomnie oder Parasomnie wurden, gematcht nach Alter, Geschlecht und Body Mass Index (BMI), als Kontrollen herangezogen. Alle Patienten beantworteten die Epworth Sleepiness Scale (ESS). Bei den CMT-Patienten wurde der Schweregrad der Erkrankung mittels der Functional Disability Scale (FDS) erfasst.

Ergebnisse: 28 Patienten mit CMT1A, 6 Patienten mit CMT1B und 5 Personen mit CMTX nahmen an der Studie teil. Hinsichtlich der Tagesschläfrigkeit fanden sich keine signifikanten Unterschiede zwischen der CMT- und der Kontrollgruppe. Der mittlere Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) war in der CMT-Gruppe mit 8,4/h (SD 10,2) signifikant höher als in der Kontrollgruppe (1,2/h, SD 1,9). Der Anteil mit einem AHI ≥10/h betrug in der CMT-Gruppe 28,2%, unter den Kontrollpatienten 0,0% (p<0,001). Zwischen den CMT-Subgruppen fanden sich keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des ESS und des AHI. In der CMT-Gruppe waren AHI und Alter (r=0,36, p<0,05) sowie AHI und BMI (r=0,38, p<0,05) jeweils signifikant korreliert, nicht jedoch AHI und FDS (r=0,11, p=0,49). Der ODI (oxygen distress index) betrug im Mittel 5,1/h in der CMT-Gruppe und 1,0/h in der Kontrollgruppe (p=0,002). Die mininale Sauerstoffsättigung war in der CMT-Gruppe mit 83,6% signifikant erniedrigt (p<0,05). CMT-Patienten wiesen einen höheren Schnarchindex auf als Kontrollpatienten (108,8/h vs. 18,8/h, p<0,001).

Schlussfolgerung: Bei Patienten mit genetisch distinkten CMT-Unterformen finden sich signifikant häufiger ein obstruktives oder gemischtes Schlaf-Apnoe-Syndroms (SAS) sowie obstruktives Schnarchen. Diese Befunde untermauern die Hypothese, dass neben Risikofaktoren wie Alter oder BMI eine pharyngeale Neuropathie mit gesteigerter Kollapsneigung des Rachens hierfür pathogenetisch von Bedeutung ist. Unsere Ergebnisse liefern keine Belege für einen Einfluss der krankheitsverursachenden Mutation auf Vorliegen oder Schweregrad des SAS.