Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P539
DOI: 10.1055/s-0029-1238633

Apallisches Syndrom oder apallisches Durchgangssyndrom – eine Herausforderung in der neurologischen Frührehabilitation

B Welter 1, R Papadopoulos 1, W Nacimiento 1
  • 1Duisburg

Das Apallische Syndrom ist eine klinische Symptomkonstellation gekennzeichnet durch einen vegetativen Zustand mit erhaltenen Hirnstammfunktionen wie Atmung, Kreislaufregulation und Schlaf-Wach-Rhythmus, ohne kognitive oder zielgerichtete motorische Funktion, wobei Schutzreflexe und Bewegungen auf Reflexniveau erhalten sein können.

Ursächlich sind verschiedene Formen der cerebralen Schädigung möglich, wobei Ätiologie, Ausmaß und Alter des Patienten nachhaltigen Einfluss auf die Prognose und damit die Möglichkeiten der Wiedererlangung von Bewusstsein, funktioneller Wiederherstellung und Lebensqualität nach einem intensiven rehabilitativen Prozess haben. Möglichkeiten und Grenzen der Prognoseeinschätzung am Anfang des rehabilitativen Prozesses anhand von Klinik, Bildgebung und elektrophysiologischen Befunden werden an Fallbeispielen aus unserer Klinik diskutiert.

Wir berichten von einer 65-jährigen Patientin mit Z.n. Subarachnoidalblutung V. Grades nach Hunt und Hess und Ventrikulitis nach mehrfacher externer Ventrikeldrainage, einem 44-jährigen Patienten mit hypoxischem Hirnschaden nach Reanimation sowie einem 17-jährigen Patienten mit Z.n. schwerem Schädel-Hirn-Trauma mit diffusem axonalen Schaden im Rahmen eines Verkehrsunfalls.

Der klinische Verlauf erstreckte sich von Verbleiben im Apallischen Syndrom nach unterschiedlich langer Rehabilitationszeit in Abhängigkeit von den klinischen, bildgebenden und elektrophysiologischen Befunden bis hin zu Wiedererlangung des Bewusstseins und Wiedereingliederung in das gewohnte soziale Umfeld, inklusive Wiederbesuch des Gymnasiums.

Zusammenfassend soll die Bandbreite möglicher Verläufe beim Apallischen Syndrom dargestellt und Parameter diskutiert werden, welche die Durchführung einer Neurologischen Frührehabilitation sinnvoll erscheinen lassen. Dabei sollte möglichst vermieden werden, überhöhte Erwartungen bei den Angehörigen zu wecken, da trotz intensiver Rehabilitation nicht selten ein unterschiedlich ausgeprägter Defektzustand dennoch verbleibt. Bei primär ungünstiger Gesamtkonstellation und absehbar schlechter Prognose ist es aus unserer Sicht auch ethisch vertretbar, im Konsens mit Angehörigen und Betreuern auf invasive intensivmedizinische Maßnahmen (wie z.B. Reanimation oder künstliche Beatmung) während der Rehabilitation zu verzichten.