Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P496
DOI: 10.1055/s-0029-1238590

Standardisierung des Untersuchungsablaufs bei neurogener oropharyngealer Dysphagie (NOD) – Evaluation des NOD-Stufenkonzeptes

GW Ickenstein 1, M Prosiegel 1, C Höhlig 1, G Bräuer 1, H Koch 1, R Müller 1, U Becker 1, A Riecker 1
  • 1Aue, Bad Heilbrunn, Dresden, Ulm

Einleitung: Anliegen der Arbeit war es, ein diagnostisches Stufenkonzept zur Untersuchung der neurogenen oropharyngealen Dysphagie (NOD) zu erstellen, das sowohl von der ausgebildeten Pflegekraft als auch von Logopäden oder einem Arzt eingesetzt werden kann, um Patienten mit NOD frühzeitig zu identifizieren und eine entsprechende Therapie zu ermöglichen.

Methodik: Im Rahmen einer Komplexbehandlung auf der Stroke Unit wird zunächst im Rahmen eines abgestuften Konzeptes eine NOD-Screening-Untersuchung (NDS) durch das Pflegepersonal bzw. eine standardisierte klinische Schluckuntersuchung (KSU) durch einen Schlucktherapeuten durchgeführt. Nachfolgend soll bei auffälligen Patienten eine weiterführende apparative Diagnostik mittels videofluroskopischer (VFS) oder flexibler-transnasaler Schluckuntersuchung (FEES®) durchgeführt werden, um eine pathophysiologisch orientierte funktionelle Schlucktherapie einschließlich der Indikationsstellung eines invasiven Vorgehens (nasogastrale Sonde, PEG, Tracheostomie) initiieren zu können.

Ergebnisse: Eine Evaluation des NOD-Stufenkonzeptes anhand von 114 dysphagischen Schlaganfallpatienten zeigt in einem multivariaten Analysemodell mit vier Variablen (KSU mit FCM – Functional Communication Measure, FEES mit PAS – Penetrations-Aspirations-Skala, Ernährung mit SBS – Schluckbeeinträchtigungsskala, NOD-Graduierung) eine Vorhersagewahrscheinlichkeit von 72,8% (OR 11,83) für die Outcome-Prädiktion „Sondenernährung“ (FCM 1–3) am Tag 90. Im Vergleich trifft diese Prädiktion mit den klinischen Parametern (NIHSS und Aspirationspneumonie) nur mit 46% Wahrscheinlichkeit zu.

Diskussion: Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Kombination aller NOD-Parameter in der Gesamtbeurteilung einen deutlichen Vorteil zur Outcome-Prädiktion darstellt. Die Erfassung der Penetration bzw. Aspiration ist neben weiteren Auffälligkeiten (Leaking, Retentionen etc.) einer der wesentlichen Kriterien für ein pathophysiologisch-orientiertes Vorgehen und damit auch richtungsweisend für die Art der funktionellen, schlucktherapeutischen Behandlung. Unser standardisiertes NOD-Stufenkonzept kann sicher dazu beitragen, zum richtigen Zeitpunkt Aspirationsgefahren zu erkennen und damit Komplikationen zu vermeiden. Wir hoffen, dass unser neues Konzept zukünftig als wichtiger Bestandteil in die Komplexbehandlung der Stroke-Unit-Versorgung implementiert wird.