Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P444
DOI: 10.1055/s-0029-1238538

Gestörte physiologische Mechanismen und Therapieeffekte bei unterschiedlichen Stand- und Gangstörungen

C Maurer 1
  • 1Freiburg

Unser Ziel ist es, Stand- und Gangstörungen bei unterschiedlichsten neurologischen Erkrankungen anhand weniger Parameter zu beschreiben. Symptome sollen auch dann formalisierbar sein, wenn die Ursachen der Erkrankung nicht voll verstanden sind. Erschwerende Faktoren sind Eigenschaften biologischer Systeme wie deren Komplexität, Nichtlinearitäten, Verzögerungszeiten durch Nervenleitung, etc. Wir identifizieren den einfachst möglichen Kontrollmechanismus, der die gemessenen Daten noch beschreibt. Wir verwenden Vereinfachungen, wo immer möglich, z.B. bezüglich der berücksichtigten Sensoren, wo wir von einer Raumwahrnehmung (visuell und vestibulär) und einer Wahrnehmung bezüglich der Körperunterstützungsfläche bzw. der auftretenden Kräfte (Propriozeption) ausgehen. Wir präsentieren Daten von Patienten mit extrapyramidalmotorischen Bewegungsstörungen (M. Parkinson, M. Huntington), Pyramidenbahnstörungen (HSP, ALS) und von Patienten mit vorwiegend sensorischen Defiziten (z.B. beidseitiger Vestibularisausfall). Die Identifikation von Kontroll-Parametern gelingt mit iterativen Maßnahmen. Basis der Parameter-Identifikation sind Messungen des Spontanschwankens und von Reaktionen auf externe Störreize über ein breites Frequenz- und Amplitudenspektrum. Als Ergebnis können wir bei jedem Krankheitsbild ein spezifisches Profil einzelner Defizite finden. Dies betrifft die Verwendung und Interaktion der sensorischen Information, die motorische Aktivität, die Bewegungsdämpfung, die Gesamtdauer der einzelnen Leitungsverzögerungen, die passiven Gelenkeigenschaften, die verwendete Oberkörperstrategie etc. Mit dieser modellbasierten Methode lassen sich Stand- und Gangstörungen auf der Basis physiologischer Mechanismen verstehen. Therapieeffekte können eingeordnet, quantifiziert und verglichen werden. Die Identifikation gestörter sensomotorischer Funktionen ist auch Voraussetzung für zukünftiges Therapie- und Reha-Design.