Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P441
DOI: 10.1055/s-0029-1238535

Bradykarde Herzrhythmusstörungen bei spontaner spinaler epiduraler Blutung

M Bolognese 1, H Bäzner 1, K Huck 1, M Borggrefe 1, MG Hennerici 1
  • 1Mannheim

Einleitung: Spontane spinale epidurale Blutungen sind eine sehr seltene Erkrankung (Inzidenz 0,1/100.000). Eine Assoziation mit einer oralen Antikoagulation ist häufig. Die typischen Symptome sind akut einsetzende Rückenschmerzen mit teilweise radikulärer Ausstrahlung und im Verlauf Entwicklung neurologischer Ausfälle.

Fallbericht: Wir berichten über eine 64-jährige Patientin, die sich mit akuten heftigen Nackenschmerzen und einer beinbetonten Hemiparese rechts vorstellte. Die Patientin war auf Grund einer bekannten heterozygoten Faktor-V-Leiden-Mutation oral antikoaguliert und mit einem INR von 3,70 übertherapiert. Nach unauffälliger CCT wurde sie unter dem Verdacht einer frischen Ischämie im Stromgebiet der A. cerebri anterior links ohne Thrombolyse aufgenommen.

Wenige Stunden später kam es zu im Rahmen des Monitoring dokumentierten bradykarden Herzrhythmusstörungen mit selbstlimitierenden Asystolien bis zu 10 Sekunden Dauer. Eine zwischenzeitlich durchgeführte kranielle MRT zeigte trotz fortbestehender Symptomatik (NIHSS 3) weder eine cerebrale Diffusionsstörung noch ein Blutungssignal. In den Folgestunden entwickelte sich eine bein- und rechtsbetonte Tetraparese mit einem sensiblen Querschnittsniveau auf Höhe Th 4. Nach computertomographischem Ausschluss einer Aortendissektion wurde eine MRT des cervikothorakalen Myelons durchgeführt, welche eine langstreckige epidurale Blutung mit Myelopathiesignal auf Höhe HWK6-BWK1 zeigte.

Nach neurochirurgischer Ausräumung der Blutung kam es zu einer raschen, fast vollständigen Remission der neurologischen Ausfallserscheinungen. Weitere Episoden bradykarder Herzrhythmusstörungen waren postoperativ nicht mehr zu beobachten.

Diskussion: Bradykarde Herzrhythmusstörungen als Folge einer epiduralen spinalen Blutung sind in der Literatur nicht beschrieben. Sie finden sich jedoch neben anderen kardialen Komplikationen als Folge spinaler Traumen mit cervikaler oder hoher thorakaler Myelonschädigung. Als Ursache wird eine Beeinträchtigung der supraspinalen Kontrolle des sympathischen Nervensystems bei erhaltenem parasympathischen Einfluss über den N. vagus angenommen. Ein ähnlicher Pathomechanismus könnte auch bei unserer Patientin angenommen werden. Dieser Fallbericht unterstreicht die Notwendigkeit einer auch topographisch erweiterten Differenzialdiagnose bei erheblich schmerzassoziierten akuten neurologischen Ausfällen, die zunächst als Ausdruck einer üblichen zerebralen Durchblutungsstörung imponieren.