Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P439
DOI: 10.1055/s-0029-1238533

Stellenwert der MR-Spektroskopie bei fokalen Hirnstammläsionen

S Vielhaber 1, M Glaser 1, TO Treuheit 1, C Mawrin 1, S Reißberg 1
  • 1Magdeburg

Einleitung: Die Magnetresonanztomografie (MRT) hat sich zur Methode der Wahl bei der Untersuchung von Hirnstammläsionen profiliert. Die Signalveränderungen sind jedoch nicht spezifisch und werden bei verschiedenen fokal demyelinisierenden als auch anderen Erkrankungen des ZNS angetroffen. Die MR-Spektroskopie erlaubt Veränderungen der makromolekularen Matrix zu detektieren. Dieses metabolische Verfahren könnte bei biologisch heterogenen Prozessen im Hirnstamm die differenzialdiagnostische Beurteilung erleichtern. Deshalb haben wir das neurometabolische Profil von osmotisch-demyelinisierenden Läsionen (Zentrale Pontine Myelinolyse, ZPM) mit denen pirmär entzündlicher, gliomatöser und degenerativer Genese verglichen.

Methoden: Bei Patienten und Kontrollen erfolgte eine Einzelvoxel-Protonen-MR-Spektroskopie (1H-MRS) im Hirnstamm mit einer Echozeit (TE) von 144ms und einer Repetitionszeit (TR) von 2000ms. Ausgewertet wurden die Signale von N-Azetylaspartat (NAA), Kreatin (CR), Cholin (Cho) und Laktat (Lak).

Ergebnisse: In der MRT der ZPM-Patienten erschienen die weitgehend symmetrisch angeordneten ovalen pontinen Veränderungen hyperintens in den T2-gewichteten Aufnahmen und hypointens in den T1-Sequenzen. MR-spektroskopisch konnte bei den Patienten mit ZPM im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen ein Anstieg von Laktat sowie ein progressiver Abfall von NAA nachgewiesen werden. Im Gegensatz dazu zeigte sich bei Patienten mit entzündlichen Entmarkungsherden zusätzlich ein Cholinanstieg. Bei mikroangiopathisch bedingten gliotischen Veränderungen war der Cholinanstieg noch markanter und bei Hirnstammgliomen dominierte eine NAA-Depletion.

Schlussfolgerungen: Mit der MR-Spektroskopie lassen sich heterogene Hirnstammläsionen unter differenzialdiagnostischen Gesichtspunkten analysieren. Bei Patienten mit einer progressiven Abnahme von NAA und einem Anstieg von Laktat ist eine metabolische Komponente bei der neuronalen Zellschädigung wahrscheinlich (ZPM). Der Cholinanstieg weist auf einen erhöhten Membranstoffwechsel im Rahmen einer zusätzlichen entzündlichen Komponente hin (MS). Patienten mit Hirnstammgliomen zeigen einen deutlich reduzierten NAA-Gehalt und bei gliotisch-degenerativen Veränderungen (lakunäre Infarkte) finden sich intermediäre NAA- Gehalte und erhöhte Cholinkonzentrationen. Die MR-Spektroskopie erleichtert somit die diagnostische Einordnung fokaler Hirnstammläsionen als Grundlage für eine zeitnahe Therapieeinleitung.