Aktuelle Neurologie 2009; 36 - V423
DOI: 10.1055/s-0029-1238517

Das Chorea-Syndrom – ein differenzialdiagnostischer Kolibri

S Achtelstetter 1, T Rösel 1, G Gahn 1
  • 1Karlsruhe

Generalisierte choreatiforme Bewegungsstörungen sind im klinischen Alltag selten anzutreffen. Die folgenden zwei ungewöhnlichen Fälle einer Chorea sollen die differenzialdiagnostischen Schwierigkeiten und Breite dieses Syndroms aufzeigen.

Die Zuweisung der 24-jährige Patientin erfolgte vom niedergelassenen Neurologen aufgrund plötzlich einschiessender unwillkürlicher Bewegungen zuerst der re, dann im Verlauf auch der li Körperhälfte mit Sitzunruhe und Nervosität 1 Woche nach Angina. Ampicillin wurde wegen Unverträglichkeit abgebrochen. Klinisch zeigte sich eine generalisierte choreatiforme Bewegungsstörung. In den durchgeführten Untersuchungen waren neben LP, TTE, cMRT auch laborchemisch Anti- Streptokinase, Kupfer, Streptokokken- Antistreptolysin 0, Autoimmunserologie, Akanthozyten unauffällig. Pathologisch war das PET mit Hypermetabolismus der Basalganglien beidseits.

Das TEE (auswärtig) bestätigte mit dem Befund einer Endocarditis verrucosa die aufgrund der Anamnese geäusserte Verdachtsdiagnose einer Chorea minor Sydenham.

Nach Vancomycingabe über 4 Wochen remittierte die Pat.

Eine 49-jährige Pat wurde aus der Inneren Medizin mit unklarem Gewichtsverlust (16kg in 7m) nach ausführlicher Ursachensuche übernommen, nachdem generalisierte Hyperkinesen auffielen. Es gab Hinweise auf eine positive Familienanamnese. Klinisch fand sich eine rebetonte choreatiforme Bewegungsstörung mit hypomaner Symptomatik. Unauffällig waren TTE, Huntington- Gentest, Anti- Streptokinase, Kupfer, Streptokokken- Antistreptolysin 0, Autoimmunserologie (PET verweigert).Im cMRT fanden sich periventrikulär betont fokale Läsionen mesencephal li, im Verlauf konfluierende KM-aufnehmend, vereinbar mit einer entzündlich- demyelinisierender Erkrankung, während sich in der Spektroskopie kein Anhalt für eine Neoplasie fand, so dass wir uns bei unauffälliger LP für einen- erfolglosen- Therapieversuch mit Cortison (1g/5d) entschlossen, symptomatisch gaben wir Tiapridex/Nitoman. Eine von uns empfohlene Biopsie zum Ausschluss einer zerebralen Lymphoms fand in Heidelberg nach 4 Wochen statt, wo sich diese Differenzialdiagnose bestätigte. Eine Hochdosischemotherapie wurde eingeleitet.

Fazit: Bei der Abklärung von choreatiformen Bewegungsstörungen müssen auch bei unauffälligem TTE und Antikörpertiter an eine Chorea minor bzw. bei ungewöhnlichem cMRT an ein zerebrales Lymphom gedacht werden.