Aktuelle Neurologie 2009; 36 - V415
DOI: 10.1055/s-0029-1238509

Autosomal-dominante Leukodystrophie bei Duplikation des Lamin B1- Gens

M Martins Dos Santos 1, C Grond-Ginsbach 1, A Grau 1
  • 1Ludwigshafen, Heidelberg

Hintergrund: Bei der autosomal-dominanten Leukodystrophie handelt es sich um eine langsam progrediente neurologische Systemerkrankung, welche mit frühen autonomen Funktionsstörungen, kognitiven Beeinträchtigungen, Pyramidenbahnläsionen und cerebellären Funktionsstörungen einhergeht. Der Erkrankungsbeginn liegt üblicherweise in der 4.- 5. Lebensdekade. Ursache ist eine Duplikation des Lamin B1 Gens auf Chromosom 5q31.

Als neuroradiologisches Charakteristikum findet sich eine frontal beginnende, fortschreitende symmetrische cerebrale Demyelinisierung mit Affektion des Cerebellums und der Pedunculi cerebellaris. Außerdem zeigt sich ein Atrophie des Corpus callosum und der Medulla oblongata.

Fallbericht: Wir berichten über einen Patienten, der im Alter von 47 Jahren eine Tetraataxie, allseits sehr lebhafte Muskeleigenreflexe, beidseits positive Pyramidenbahnzeichen sowie ein paraspastisches Gangbild bot. Fremdanamnestisch wurde über eine seit zwei Jahren progrediente Gangstörung sowie über einen zunehmenden Persönlichkeitswandel mit verminderter Impulskontrolle und depressiver Verstimmung berichtet. Außerdem entwickelte sich eine Dranginkontinenz. Im MRT des Schädels zeigt sich eine ausgedehnte flächige symmetrische Leukodystrophie mit Beteiligung der Kleinhirnstiele.

Molekulargenetisch fand sich eine Duplikation des Lamin B1 Gens auf Chromosom 5q 31, womit die Diagnose einer autosomal-dominante Leukodystrophie gesichert werden konnte.

In einem uns vorliegenden Familienstammbaum über drei Generationen kann bei zahlreichen Angehörigen eine Behinderung, zum Teil mit Rollstuhlpflichtigkeit sowie eine verminderte Lebenserwartung festgestellt werden. In der Generation des Patienten sind bei der Schwester ebenfalls typische Veränderungen im MRT des Schädels nachweisbar; die molekular-genetische Testung steht noch aus. Weitere Familienangehörige dieser Generation wünschen keine Abklärung. In der Elterngeneration scheinen vier von fünf und in der Großeltern-generation sechs von acht Geschwistern betroffen zu sein.

Schlussfolgerung: Bei dem Patienten besteht eine molekulargenetisch gesicherte autosomal-dominante Leukodystrophie durch Duplikation des Lamin B1-Gens.

Die autosmal- dominante Leukodystrophie ist eine Erkrankung, deren Ursache seit 2006 bekannt ist und die bei spätmanifesten Leukodystrophien mit mutmaßlich dominantem Erbgang in Betracht gezogen werden sollte.