Aktuelle Neurologie 2009; 36 - V374
DOI: 10.1055/s-0029-1238489

Verlaufsbeurteilung einer Critical Illness Myopathie und Neuropathie anhand systematischer elektromyo- und -neurographischer Untersuchungen

P Baum 1, S Bercker 1, L Engelmann 1, A Wagner 1
  • 1Leipzig

Fragestellung: In der vorliegenden Studie sollte der Frage nachgegangen werden, ob sich durch engmaschige systematische elektroneurographische und -myographische Verlaufsuntersuchungen bei Sepsispatienten anhand der Verläufe prognostische Aussagen bzgl. der Erholung der neuromuskulären Störung treffen lassen.

Methode: Es wurden 30 Patienten mit Sepsis/SIRS (15 Frauen, Alter von 22–81 Jahre, Median 69, max SOFA [Sepsis-related Organ Failure Assesment] Score Median 13, SAPS- Aufnahmetag (Simplified Acute Physiology Score) Median 57) prospektiv elektromyographisch und -neurographisch untersucht. Bei den Patienten wurden ab der 1. Woche nach Krankheitsbeginn auf der Intensivstation wöchentlich und nach einem ½ Jahr die motorische Neurografie an 6 motorischen Nerven und die sensible Neurografie an 4 sensiblen Nerven durchgeführt. Aus den Messparametern wurden ein sensibler (SNCIx), ein motorischer (MNCIx) sowie ein gesamter Nervenleitindex (MSNCIx) berechnet. Die Elektromyografie erfolgte aus einem distalen und proximalen Muskel der oberen und unteren Extremitäten.

Ergebnisse: Im Median weisen alle 3 Scores (MSNCIx, MNCIx und SNCIx) auf eine pathologische Abnahme im Verlauf mit einer Normalisierung nach ½ Jahr hin. Bei 26 von 30 Patienten hatte der motorische und sensible Nervenleitindex (MSNCIx) eine Dynamik. Die verbliebenen 4 Patienten entwickelten aber im Verlauf pathologische Spontanaktivität im EMG als Ausdruck einer Critical Illness Myopathie und Neuropathie (CRIMYN). Bei allen nach untersuchten Patienten (10/30) waren die pathologischen Veränderungen nach 6 Monaten komplett rückläufig.

Zusammenfassung: Bei allen Patienten mit schwerer Sepsis ließ sich bereits innerhalb der ersten 7 Tage elektrophysiologisch eine neuromuskuläre Störung belegen. Nach einem halben Jahr bildete sich die CRIMYN vollständig zurück. Somit ist prinzipiell von einer Reversibilität der neuromuskulären Störung auszugehen. Es konnte ein U-förmiger Schädigungsverlauf mit maximaler Läsion um die 3. bis 4. Krankheitswoche dargestellt werden. Danach ist bei positiver Gesamtprognose mit einer Erholung zu rechnen.