Aktuelle Neurologie 2009; 36 - V350
DOI: 10.1055/s-0029-1238475

Prädisponierende Faktoren pathologischen Glücksspiels bei Patienten mit Restless-Legs-Syndrom unter Therapie mit Dopaminagonisten: eine fMRT-Studie

A Unrath 1, J Kassubek 1, B Abler 1
  • 1Ulm

Einleitung: Die Behandlung mit Dopaminagonisten ist mit Impulskontrollstörungen und pathologischem Glücksspiel bei zuvor unauffälligen Patienten mit neurologischen Erkrankungen wie Morbus Parkinson oder dem Restless Legs Syndrom (RLS) in Verbindung gebracht worden. Hier wurden die neurobiologischen Auswirkungen von Dopaminagonisten (Within-subjects Design) bei RLS-Patienten mittels funktioneller MRT untersucht, während die Patienten ein einfaches Glücksspiel spielten.

Methoden: Es wurden 12 Patientinnen (43–67 Jahre) ohne Anamnese von Suchterkrankungen, insbesondere pathologischem Glücksspiel, untersucht, die aufgrund eines RLS regelmäßig Dopaminagonisten einnahmen. Alle Patientinnen wurden zweimal untersucht: einmal während sie ihre übliche Medikation einnahmen und ein zweites Mal nach einer Auslassphase von mindestens 5 Halbwertszeiten des Medikaments. Die Untersuchungen fanden an einem 3 Tesla Siemens ALLEGRA Scanner statt. Es wurde ein etabliertes Glücksspiel-Paradigma mit 5 Gewinnwahrscheinlichkeiten (0%, 25%, 50%, 75% and 100%) verwendet. Nach einem Hinweisreiz für die Gewinnwahrscheinlichkeit und einer Erwartungsphase reagierten die Patientinnen mit einem Tastendruck, um sich die angezeigte Gewinnchance zu sichern, danach wurde der Gewinn angezeigt. Die Daten wurden ereigniskorreliert mittels SPM5 ausgewertet.

Ergebnisse: Das ANOVA-Modell für steigende Gewinnwahrscheinlichkeiten (Erwartungsphase) zeigte nur bei Patientinnen unter Medikation eine signifikante Aktivierung des ventralen Striatums, während die Aktivierung ohne Medikation unter der Signifikanzschwelle blieb. Das ANOVA-Modell (Gewinnphase), welches Unterschiede in der Höhe des Prädiktionsfehlers bei Erhalt oder Nichterhalt des erwarteten Gewinns modellierte, zeigte nur zum Untersuchungszeitpunkt ohne Medikation das erwartete fMRT-Signal entsprechend der Prädiktionsfehlertheorie.

Diskussion: RLS-Patientinnen zeigten bei Erwartung eines Gewinns eine höhere Aktivität im Belohnungssystem (ventrales Striatum), wenn sie unter Medikation waren. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt kein Signal entsprechend der Prädiktionsfehlertheorie, das Unterschiede beim Abgleich zwischen erwartetem und tatsächlichem Gewinn anzeigt, zu detektieren. Diese Veränderungen können eine Prädisposition für Suchtverhalten bei Patienten unter Dopaminagonisten erklären, über i) ein überhöhtes Erwartungsverhalten und ii) eine Fehlwahrnehmung negativer Konsequenzen (Prädiktionsfehler).