Aktuelle Neurologie 2009; 36 - V290
DOI: 10.1055/s-0029-1238457

Je schwerwiegender das Perfusionsdefizit, desto größer die neurologische Verbesserung: ein Paradoxon der intraarteriellen Thrombolyse nach ischämischem Infarkt?

AV Khaw 1, A Angermaier 1, M Kirsch 1, N Hosten 1, C Kessler 1, S Langner 1
  • 1Greifswald

Hintergrund: Die Patientenselektion für eine intraarterielle Thrombolyse (iaT) erfordert eine besondere Abwägung von Risiko, Verzögerung des Therapiebeginns und zusätzlichen Logistikanforderungen gegen einen möglichen Behandlungsvorteil. Ziel der Studie ist die Evaluation der Perfusions-CT (CTP) als Prädiktor des Outcome nach iaT bei akuten Verschlüssen im anterioren Stromgebiet.

Methoden: Monozentrische, einarmige prospektive Studie mit präspezifiziertem Protokoll und retrospektive Vergleichsgruppe (ohne Thrombolyse), matched für Alter und initialem NIHSS. Pat. mit ischämischem Schlaganfall (IS) wurden nach nativer CCT und CTA mit Nachweis einer intrakraniellen ICA-, M1- oder M2-Okklusion eingeschlossen und einer iaT <6h nach Symptombeginn zugeführt. Die präinterventionelle CTP wurde in Verblindung für klinische Daten zu Maps für cerebrales Blutvolumen (CBV), cerebralen Blutfluss (CBF), Time-to-Peak (TTP) prozessiert. Mittels einer sowohl Größe als auch Schwere der Perfusionsstörung berücksichtigenden Formel wurden numerische Ratios errechnet und diese bzgl. des neurologischen Outcome analysiert.

Ergebnisse: 26 Pat. (17 F, 9M, Alter (Mittel/SD): 67,5±12,1) mit einem medianen initialen NIHSS=14 wurden rekrutiert. Die iaT erfolgte bei 8 Pat. <3h, bei 16Pat. >3<6h (Mittel/SD: 4,0±1,2h). Bei 19 Pat. konnte eine gute (TIMI=3&2, 73%), bei 7 Pat. keine Rekanalisation (TIMI=1&0; 37%) erreicht werden. Es traten je 2 symptomatische und asymptomatische Blutungen (je 8%), 4hämorrhagische Transformationen (15%) und 36d nach Insult ein vaskulärer Tod auf. Der mediane NIHSS betrug bei Entlassung 5 (p<0,001 vs. initial), der mediane mRS nach 90d 2. In der Kontrollgruppe (n=22,12F) korrelierten niedrigere Ratios (d.h. schwereres Perfusionsdefizit) mit geringerer neurologischer Verbesserung bei Entlassung (r für CBF: 0,46p=0,04; CBV: 0,41p=0,07; TTP p=ns). Eine inverse Korrelation fand sich hingegen in der iaT-Gruppe zwischen CTP-Parametern und der NIHSS-Änderung zwischen Symptombeginn und Entlassung (CBF: r=-0,53, p=0,01; CBV:r=-0,54, p=0,0; TTP p=ns).

Schlussfolgerung: Die iaT ist sicher und erfolgreich zur Akuttherapie des IS im 6h-Zeitfenster einsetzbar. Unsere Daten weisen darauf hin, dass iaT möglicherweise der entscheidende Faktor für die Umkehrung der Beziehung zwischen Perfusionsdefizit und neurologischem Outcome in der Kontrollgruppe ist. Die PCT hat das Potential, zur Selektion von Patienten, die wahrscheinlich mehr von einer iaT profitieren, beizusteuern.